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Check24 drängelt in den Bankvertrieb

Posted By Herbert Fromme On 29. Mai 2012 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Vergleichsportal will Werbeausgaben und Umsatz deutlich steigern // Zukunftbei Geldanlagen und im Einzelhandel

Herbert Fromme

und Heinz-Roger Dohms, München

Das größte deutsche Vergleichsportal Check24 schwingt sich zur Vertriebsmaschine für immer mehr Branchen auf. Nach einem Rekordumsatz von 115 Mio. Euro im Ende März abgelaufenen Geschäftsjahr peile man für 2012 einen Umsatzsprung von weiteren 30 Prozent an, sagte Vorstandschef und Mehrheitseigner Henrich Blase der FTD. Schon jetzt ist das Portal klarer Marktführer bei Kfz-Policen. Auch bei anderen Versicherungen und Bankprodukten will Check24 kräftig wachsen. Weitere Geschäftsfelder sind Strom, Reisen und Handys. Zudem kündigte Blase an, in den klassischen Retailbereich vordringen zu wollen, der bislang von Anbietern wie Guenstiger.de oder Idealo.de beherrscht wird. Auch einen Zukauf in diesem Markt schloss er nicht aus.

Wie groß der Einfluss von Check24 mittlerweile ist, zeigt sich beim vermittelten Volumen. Diese Zahl enthält nicht nur die Provision, die beim Vergleichsportal landet, sondern den Wert aller vermittelten Produkte und Dienstleistungen. Nach eigenen Angaben hat Check24 im Geschäftsjahr Verträge mit einer Summe von über 2 Mrd. Euro vermittelt. Damit gehören die Münchner zu den größten deutschen E-Commerce-Akteuren. Blase zufolge hat Check24 im abgelaufenen Geschäftsjahr allein Kfz-Versicherungen für 520 000 Fahrzeuge vermittelt, im Vorjahr waren es 450 000 gewesen. Rivale Transparo kam 2011 auf 120 000.

Die Versicherer HUK-Coburg, Talanx und WGV hatten 2011 die Mehrheit an Transparo übernommen. „Das ist knallharter Verdrängungswettbewerb“, sagte Blase. Der HUK-Coburg seien die Vergleichsportale ein Dorn im Auge, über den Angriff auf Check24 wolle der Versicherer die Portale insgesamt schwächen. „Die HUK hat eine starke Marke, sie hofft, dass die Kunden dann wieder direkt auf ihre Website gehen“, sagte Blase.

Vergleichsportale legten in den vergangenen fünf Jahren kräftig zu. Eine neue Kundengeneration kauft viele Dienstleistungen lieber online ein – da sind Vergleichsportale willkommen, die behaupten, stets den günstigsten Tarif zu ermitteln. „Die Margen werden enger“, sagte Blase. In der Autoversicherung arbeiteten viele Betreiber, auch Check24, derzeit defizitär, um Marktanteile zu gewinnen. Zu den aggressivsten Rivalen gehört neben Transparo das Portal Preis24.de. Ende vergangener Woche sicherte sich die Pro Sieben Sat1 Media AG die Mehrheit. Auch andere Medienunternehmen sind aktiv. So hatte der Holtzbrinck-Verlag 2011 die Macht bei Toptarif übernommen.

Von den 115 Mio. Euro Umsatz – im Jahr zuvor waren es 93 Mio. Euro – seien rund 40 Prozent auf Versicherungen entfallen, sagte Blase. Für 2010/11 weist das Unternehmen einen Bilanzgewinn von 21 Mio. Euro aus. Das sind die nicht ausgeschütteten Gewinne. Im Vorjahr waren es 15 Mio. Euro. Check24 konnte also 2010/11 nach Ausschüttungen an die Inhaber 6 Mio. Euro zurücklegen. Blase ist größter Eigner, weitere Manager halten Anteile. Der Investor Accel Partners ist mit zehn Prozent beteiligt.

Die Schlachtfelder der Portale sind Google und die Fernsehwerbung. Google versteigert Anzeigen, die bei einer Suchanfrage oben erscheinen. Im Herbst, wenn die Wechselsaison in der Autoversicherung tobt, klettern die Preise auf über 10 Euro pro Klick. „Da ist vieles irrational“, beklagte Blase. Ein Portal brauche 100 Klicks auf seine Anzeige, um fünf Verträge zu verkaufen. „Dann zahlt man 1000 Euro für die Google-Klicks und bekommt von den Versicherern vielleicht 500 Euro Provision“, sagte er. Auch mit Geschäft aus der Fernsehwerbung verdiene man kaum. „Sehr gewinnbringend sind die Stammkunden, die direkt auf unsere Website gehen.“

Mittelfristig, so Blase, würden jene Portale wachsen, „die eine breite Palette anbieten“. Damit könne man Kosten senken und das Kundenpotenzial nutzen. Check24 setzt mittlerweile fast zweieinhalb mal so viel um wie der einstige Marktführer Verivox, der unter der einseitigen Ausrichtung auf den Energiemarkt leidet. Das Geschäft mit Strompreisvergleichen schwankt stärker als das mit Bank- oder Versicherungsangeboten – gewechselt wird nur, wenn die Energieanbieter die Preise erhöhen. So ging der Verivox-Umsatz 2011 nach FTD-Informationen von 54,6 Mio. Euro auf unter 50 Mio. Euro zurück. In einem Memo für Investoren hatte Verivox Anfang 2011 noch einen Anstieg auf 80 Mio. Euro prognostiziert.

„Nicht Stiftung Warentest“21

Quelle: Financial Times Deutschland


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