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Flügge werden mit Fallschirm

Posted By Friederike Krieger On 21. September 2012 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Studenten und Berufsanfänger sollten beim Start ins neue Leben darauf achten,welche Versicherungen sie wirklich brauchen

Friederike Krieger Renate Daum

Renate Daum und Friederike Krieger

Für viele Jugendliche beginnt im Herbst ein neuer Lebensabschnitt. Seit Anfang September läuft das Ausbildungsjahr in den Betrieben, ab Oktober strömen Tausende Studienanfänger an die Universitäten. Damit ist auch die Jagdsaison von Versicherern und Banken auf Neukunden eröffnet. „Auf dem Campus treiben sich viele dubiose Berater herum, die den Studenten Versicherungen verkaufen wollen“, sagt Hajo Köster vom Bund der Versicherten (BdV). Im Angebot haben sie alle möglichen Verträge, von der privaten Krankenversicherung bis zur Rentenpolice. Aber nicht jeder Vertrag ist sinnvoll. Andere wichtige Änderungen werden dagegen leicht im Stress übersehen.

Wer zum Beispiel noch kein Girokonto hat, braucht spätestens jetzt eines. Die Auswahl ist groß. Für junge Leute bieten Banken kostenlose Konten an, etwa die HypoVereinsbank, die ihr „Konto Start“ bis zum 26. Geburtstag samt Mastercard kostenlos führt.

Bei den Versicherungen sind die Berufsanfänger während Ausbildung und Studium häufig noch über die Policen der Eltern abgesichert. Das gilt für die Haftpflicht- und die Hausratversicherung. Sind die Eltern in einer gesetzlichen Krankenkasse, sind Studenten bis zum 25. Lebensjahr beitragsfrei dabei. Erst danach müssen sie sich Gedanken über die eigene Absicherung machen.

Grundsätzlich können sie zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung wählen. Der Studentenbeitrag zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ist mit aktuell 76,41 Euro im Monat allerdings erschwinglicher als die rund 80 bis 130 Euro, die bei einer privaten Absicherung anfallen. „Wenn die Eltern privat versichert und beihilfeberechtigt sind, kann sich eine private Krankenversicherung aber durchaus lohnen“, sagt BdV-Experte Köster.

Lehrlinge müssen sich dagegen in der Regel gesetzlich versichern, weil ihr Einkommen zumeist nicht über der Versicherungspflichtgrenze liegt. Wenn sie in Zukunft unbedingt eine private Absicherung haben wollen, können sie mit einer Anwartschaftsversicherung vorsorgen. Die jungen Leute absolvieren dann schon während ihrer Ausbildung die notwendige Gesundheitsprüfung. „Berufsanfänger erhalten dann eine Aufnahmegarantie in die private Krankenversicherung, sobald ihr Einkommen über der Pflichtgrenze liegt, ohne später eine erneute Gesundheitsprüfung machen zu müssen“, erklärt ein Sprecher des Versicherers Debeka.

Es gilt: Je jünger und gesünder der Antragsteller, desto niedriger sind seine künftigen Beiträge. Bei der Debeka würde eine Garantie theoretisch nur 1 Euro pro Monat kosten. Weil es unwirtschaftlich wäre, einen solchen Beitrag einzuziehen, gibt es die Anwartschaft aber nur im Paket mit einer Auslandsreisekranken- und einer Zahnzusatzversicherung. Ein 20-jähriger Mann zahlt dafür 4,68 Euro im Monat, eine Frau 5,39 Euro.

Eine Berufsunfähigkeitspolice brauchen die Berufsanfänger auf jeden Fall. Der Kunde erhält eine monatliche Rente, wenn er wegen einer Krankheit oder eines Unfalls seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Auch hier gilt: Je jünger der Antragsteller, desto günstiger ist die Police. „Wer schon älter ist und Vorerkrankungen hat, läuft Gefahr, gar keinen Schutz mehr zu bekommen“, erklärt Köster. Zudem ist es sinnvoll, schon während der Ausbildung versichert zu sein. Azubis haben erst nach zwei Jahren Anspruch auf die ohnehin karge gesetzliche Erwerbsminderungsrente.

Versicherer empfehlen oft, die Berufsunfähigkeitspolice an eine Rentenversicherung zu koppeln. „Der Einstieg in der Altersvorsorge muss frühzeitig passieren, um den Zinseszinseffekt optimal auszunutzen“, sagt der Debeka-Sprecher. Davon rät Köster aber dringend ab, weil das Geld für eine Rentenversicherung in der Anfangsphase fehlt. „Es ergibt keinen Sinn, das Girokonto zu überziehen und 16 Prozent Zinsen zu zahlen, wenn die Police nur zwei Prozent Zinsen einbringt“, sagt er.

Schon in jungen Jahren Geld für später zurückzulegen kann sich aber lohnen, wenn ein Lehrling Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen hat. „Die sollte man nicht verfallen lassen“, sagt Köster. Vermögenswirksame Leistungen (VL) sind an bestimmte Spar- und Anlageformen gebunden. Der Auszubildende schließt einen entsprechenden Vertrag ab, der Arbeitgeber überweist dann den jeweiligen Betrag an den Anbieter.

Für junge Leute eignen sich aber vor allem das Fonds- und Bausparen. Dann können sie zusätzlich die Arbeitnehmersparzulage oder Wohnungsbauprämie beantragen, weil sie in aller Regel die Einkommensgrenzen von 20 000 Euro beziehungsweise 25 600 Euro pro Jahr nicht überschreiten. Wer das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, darf das Geld aus einem Bausparvertrag außerdem frei verwenden und ist nicht an einen wohnwirtschaftlichen Zweck gebunden.

Beim Fondssparen empfiehlt es sich, das Angebot freier Vermittler anzusehen. Der Abschluss über sie ist oft günstiger als über die Hausbank. Auf seiner Homepage veröffentlicht der Fondsverband BVI eine Liste der Investmentfonds, die sich für die VL und die Arbeitnehmersparzulage eignen. Mittlerweile gibt es auch Fondsvermittler, über die kostengünstige börsengehandelte Indexfonds für die VL gewählt werden können, beispielsweise Exchange-Traded Funds (ETFs) von der Blackrock-Tochter iShares.

Fragen sollten Auszubildende zudem, ob für sie Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge bei ihrem Arbeitgeber infrage kommen. Vielen Jugendlichen dürfte es allerdings schwerfallen, einen Teil ihres Salärs für die Altersvorsorge zu reservieren – finanzielle Vorteile hin oder her.

Immerhin verdienen sie überhaupt schon etwas, während etliche Studenten ihren Eltern noch auf der Tasche liegen. Sie haben sogar einen Anspruch auf Unterhalt mindestens bis zum Ende der Regelstudienzeit. Dafür bekommen die Eltern noch länger Kindergeld und dürfen Steuerfreibeträge nutzen – das gilt neuerdings sogar unabhängig von der Höhe des Verdiensts der Studenten aus ihren Jobs.

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Quelle: Financial Times Deutschland


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