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Onlinenutzer ziehen eher vor Gericht als Offlinestreiter

Posted By Anja Krüger On 12. November 2012 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Internetversicherung einmal anders: Nicht im Netz verkauft, sondern Schutzfür Privatleute vor neuen Risiken im World Wide Web

Anja Krüger

Onlinemobbing ist eines der großen Themen in den Medien. Warnungen vor Abzockern und dubiosen Geschäftemachern im Netz sind genauso zahlreich wie die vor den tatsächlichen oder vermeintlichen Rufmordgefahren, denen sich Nutzer sozialer Netzwerke aussetzen. Wo so viel Angst vor Lug und Trug herrscht, sollte eine maßgeschneiderte Versicherungspolice nicht fehlen, sollte man meinen. Doch erst mehr als 20 Jahre nach dem Beginn der Internetära hat die Assekuranz ein Angebot entwickelt. Im Oktober ist in Deutschland der Düsseldorfer Versicherer Arag mit der ersten Rechtsschutzversicherung für private Internetnutzer auf den Markt gekommen. Das Unternehmen nahm sich damit ein Beispiel an der Swiss Life und der Axa, die ähnliche Verträge seit Kurzem in Frankreich verkaufen.

Das Internet ist für Versicherer nicht nur ein Ort für Werbung und Vertrieb. Die virtuelle Welt bringt auch neue Risiken mit sich – und damit ein neues Geschäftsfeld für die Assekuranz. Denn User sind streitfreudiger als Netzabstinenzler. Für vieles, was Leute in der Offlinewelt unter sich geregelt haben, gehen die Netznutzer heute zum Anwalt, sagt Astrid Auer-Reinsdorff, Vizepräsidentin des Deutschen Anwaltvereins und Vorsitzende des Geschäftsführenden Ausschusses Informationstechnologie. „Wenn sich früher Nachbarn im Hausflur gestritten haben, hat das niemand mitbekommen“, sagt sie. Im Internet ziehen böse Auseinandersetzungen schnell große Kreise. Nach den Erfahrungen der Anwältin ist Internetmobbing bei Schülern ein sehr großes Problem.

Die neue Arag-Police kommt für die Kosten der juristischen Auseinandersetzung bei Cybermobbing und Beleidigungen auf. Der Versicherer übernimmt zum Beispiel die Anwaltskosten, wenn die Gespräche der Eltern in der Schule nicht dazu führen, dass die Onlineangriffe gegen Sohn oder Tochter aufhören. Teil des Angebots ist auch ein „Rufretter“. Kunden können Arag-Anwälte in Anspruch nehmen, um herauszufinden, ob böse Aussagen eine justiziable Rufschädigung darstellen oder eine freie Meinungsäußerung sind. Ein Dienstleister kümmert sich darum, dass Rufmord und Verleumdung aus dem Netz verschwinden. Auch wenn der Kunde sich unberechtigten Vorwürfen wie dem der Beleidigung oder der Urheberrechtsverletzung ausgesetzt sieht, leistet der Versicherer.

Allein im Oktober hat Arag mehr als 700 Internetpolicen verkauft. „Wir sind hochzufrieden mit der Nachfrage“, sagt Arag-Sprecher Christian Danner. Zum Start waren noch nicht einmal alle Vertriebswege beteiligt, die Makler fehlten. „Dieses Produkt war nie als Massenprodukt gedacht, sondern als zielgruppenspezifisches“, sagt Danner. „Wir wollen uns damit als innovativer Versicherer zeigen.“ Anders als andere Rechtsschutzverträge gibt es die Internetdeckung nicht als Teil eines Kombipakets, sondern auch separat für 9,90 Euro im Monat bei einer Deckungssumme von 100 000 Euro. Noch ist nicht entschieden, ob es die Deckung auch als Baustein von Verträgen geben wird.

Die Wettbewerber haben das Internet ebenfalls im Blick, auch wenn noch keiner ein vergleichbares Angebot hat. „Natürlich haben wir uns bereits mit den rechtlichen Fragestellungen und Herausforderungen im Onlinebereich auseinander gesetzt“, sagt Marcus Acker, Sprecher des Rechtsschutzversicherers Roland. „In den Bereichen, in denen wir Bedarf bei den Kunden sehen, haben wir unser Angebot auch entsprechend erweitert.“ Dazu gehören eine Onlinerechtsberatung, ein Onlinevertragscheck und für Gewerbekunden die Prüfung des Impressums und der Datenschutzerklärung auf der Firmenwebsite. Und für Privatleute gibt es einen Beratungsrechtsschutz bei privaten Urheberrechtsverstößen im Internet.

Marktführer DAS, der zur Ergo und damit zur Munich Re gehört, sondiert noch das Terrain. „Wir sind in Überlegungen, neue interspezifische Produkte aufzulegen oder bestehende Produkte auszubauen“, sagt Ergo-Sprecherin Claudia Wagner.

Quelle: Financial Times Deutschland


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