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Drückende Pensionslasten

Posted By Katrin Berkenkopf On 19. November 2012 In Archiv 2006-2012 | No Comments | Drucken

Geringe Zinsen zwingen die Unternehmen, immer mehr Geld für Renten zureservieren

Katrin Berkenkopf

Die niedrigen Zinsen machen es Unternehmen immer schwerer, das Geld für die Pensionen, die sie ihren Mitarbeitern zugesagt haben, zu erwirtschaften. Besonders börsennotierte Firmen haben große Teile ihres Pensionsvermögens am Kapitalmarkt angelegt und leiden unter den mageren Renditen. Experten sehen aber keinen Grund zur Panik.

Ende Juni lag der sogenannte Rechnungszins nach Angaben von Towers Watson bei 4,09 Prozent. Der Wert basiert auf der Rendite langlaufender Anleihen mit Topbonität. Je niedriger der Zinssatz, desto höhere Werte müssen die Unternehmen reservieren, um künftige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. „Das Niedrigzinsumfeld sorgt dafür, dass Pensionsverpflichtungen mit einem derzeit schnell steigenden Wert in den Bilanzen zu erfassen sind, während die Pensionsvermögen nur langsam wachsen“, sagt Thomas Jasper, Leiter der betrieblichen Altersvorsorgeberatung bei Towers Watson in Deutschland.

Wegen des sinkenden Rechnungszinses sind die Pensionslasten der DAX-Unternehmen im ersten Halbjahr um 22 Mrd. auf 281 Mrd. Euro gestiegen. Mercer rechnet durch den Rechnungszinseffekt fürs Gesamtjahr mit einem Anwachsen der Pensionslasten um 40 Mrd. auf 300 Mrd. Euro. Für hektischen Aktionismus gebe es dennoch keinen Anlass, sagt Richard Herrmann, Vorstand der Kölner Firma Heubeck, Dienstleister in der betrieblichen Altersvorsorge: „Alle wissen, dass es eine temporäre Situation ist.“

Derzeit sind Unternehmen im Nachteil, die große Teile der Pensionslasten am Kapitalmarkt investiert und nicht durch Maschinen, Immobilien oder andere Werte in den Firmen besichert haben.

Im Durchschnitt aller DAX-Werte haben die Firmen im ersten Halbjahr 66 Prozent ihrer Pensionsverpflichtungen durch separates sogenanntes Planvermögen abgesichert. Allerdings gibt es große Unterschiede. Bei der Deutschen Bank waren es 96 Prozent, bei der Deutschen Telekom zwölf Prozent. Ein niedriger Prozentsatz bedeute keineswegs zwangsläufig ein höheres Risiko für Unternehmen und Investoren, sagt Heubeck-Vorstand Herrmann. Im Gegenteil kann es gut sein, dass durch eine Investition in das eigene Geschäft bessere Renditen erzielt werden. Eine schnelle Umsteuerung weg von Finanzanlagen sei aber kaum möglich, sagt Herrmann: „Man kann nicht plötzlich Milliarden umschichten.“

Herwig Kinzler, Leiter des Bereichs Investment Consulting bei Mercer Deutschland, rät: „Unternehmen sollten auf die dynamische Reallokation von Anlageklassen setzen, die sehr gut gelaufen sind, wie zum Beispiel Unternehmensanleihen und Aktien, in Anlageformen mit Illiquiditätsprämie, wie Immobilien oder Infrastruktur.“

Sich jetzt überstürzt aus der betrieblichen Altersvorsorge zurückzuziehen hält Herrmann nicht für eine gute Wahl. „Es geht hier auch um das langfristige Vertrauen der Mitarbeiter. Und es würde später als wichtiger Anreiz für die Anwerbung von Fachpersonal fehlen“, sagt er.

Jasper von Towers Watson verweist auf andere Möglichkeiten: „Alternativ können die Unternehmen gegebenenfalls auf modernere Pensionszusagen umsteigen, die den Mitarbeitern statt eines Festzinses eine Rendite zusagen, welche am Kapitalmarkt gut erwirtschaftet werden kann.“

Quelle: Financial Times Deutschland


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