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Banker und Versicherer – wie Feuer und Wasser?

Posted By Carsten Zielke On 11. September 2013 In Allgemein,Kommentare,Meinung am Mittwoch,Top News | No Comments | Drucken

Dieser Tage werden wieder Kulturunterschiede zwischen Investmentbanken und Versicherern offensichtlich. Nicht nur der tragische Fall Wauthier sondern auch aktuelle gegenseitige Anschuldigungen zeugen von einem tiefen Missverständnis.

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Carsten Zielke ist Inhaber der Zielke Research Consult GmbH

© Carsten Zielke

Sind Investmentbanker zu schnelllebig, wollen zu rasch Erfolge sehen, während Versicherer durch die Sicherheit der eingehenden Cash-Flows und einer schwer zu durchschauenden Bilanzierung eine Entscheidungsträgheit prägt?

Investmentbanker sprudeln in der Regel vor Ideen. Versicherer hören sich die Ideen erst einmal ruhig an, bevor sie in verschiedenen Gremien alle Risiken besprechen, was in der Regel zu einer Nichtumsetzung führt, weil das Marktmomentum verpasst wurde. Dem entgegenzuhalten ist, dass diese Entscheidungsträgheit auch vor vielen Fehlentscheidungen schützt, die einigen Banken ein böses Erwachen bereitet hat.

Es gehört zwar inzwischen zum guten Ton, Banker als Zocker – also als bad guys –  zu bezeichnen und Versicherern das „good guy“-Image zuzudenken. Doch, wenn es um die Absicherung des Geschäftsmodells der Versicherer geht, braucht man die Banker dann doch.

So forderte ein großer Versicherer in Brüssel Änderungen im Hedge-Accounting, um auch langfristige Zinsversprechen erfolgsneutral absichern zu können. Auf meine Frage, wer denn diese Sicherungen anbieten soll, fiel wieder das Wort Banken. Doch warum sollten Banken das denn tun? Wenn Lebensversicherer eine 60-jährige Zinsgarantie aussprechen, dann aber feststellen, dass das doch etwas gewagt war, und diese nun hedgen wollen, dann brauchen sie halt „Zocker“, die ihnen diese Sicherheit geben. Dies wird aber in Zeiten einer stärkeren Banken- und angedachten Schattenbankenregulierung schwieriger.

Meines Erachtens müssen auch die Versicherer im richtigen Leben ankommen. Nachdem Risikomodelle mit einem risikofreien Zins von unter zwei Prozent nicht mehr funktionieren und die unterstellte Markttiefe und -transparenz nur in Lehrbüchern existiert, ist es jetzt an der Zeit, mit realistischen Annahmen zu arbeiten. Die Menschen handeln nun einmal nicht rational, folglich sollten Modelle auch nicht diese Hypothese als Prämisse verwenden.

Hierbei kann man von den Banken lernen, die häufig annehmen, dass ein Sockelsatz der Forderungen mit den Einlagen gedeckt werden und nur eine Nettoposition gehedgt werden muss.

Versicherer und Banker sollten voneinander lernen statt sich zu beschimpfen

Wenn man eine rein ökonomische Sicht hätte, könnte man keine längeren Zinsgarantien anbieten als an gängigen Märkten gehandelt werden. Der Transformationsprozess, vor allem die Fristentransformation wären nicht mehr möglich.

Dann dürften auch Versicherer keine längeren Garantien abgeben als sie auf den Finanzmärkten als Absicherung finden. Dennoch bauen sowohl die Geschäftsmodelle der kontinentaleuropäischen Geschäftsbanken und der Versicherer auf dem Modell der Fristentransformation auf.

Deshalb müssen Risikomodelle, die zur Entscheidung beitragen, ob ein Risiko gezeichnet und ein Investment getätigt werden soll oder nicht, mit entsprechenden Annahmen gefüttert werden.

Eine Harmonisierung der Annahmen ist aber auch nicht unbedingt zielführend. Wenn alle, unabhängig von ihrem Geschäftsmodell die gleichen Annahmen in standardisierten Risikomodellen verwenden, dann führt das zu einer Vereinheitlichung des Angebots, was den Wettbewerb schwächt und das Systemrisiko erhöht, da unter Umständen Risiken dann von allen falsch bepreist worden sind.

Spekulanten an den Finanzmärkten nehmen gegensätzliche Positionen zur Mehrheit ein und schaffen damit Markttiefe. Diese wird von den Versicherern benötigt, sonst weichen die Modelle von dem tatsächlichen Risiko ab, weil die Nachfrage als solches den Preis der Absicherung beeinflusst.

Anstatt sich also gegenseitig zu beschimpfen – Versicherer sind zu träge, Banker zu hektisch – sollte man voneinander lernen, um Profit aus einer Zusammenarbeit zu schlagen. Wenn das nicht geschieht, frage ich mich, wer letztendlich der Zinszockerei bezichtigt werden wird. Jetzt ist die Zeit, diese Prinzipien in den Rechnungslegungsstandards IFRS 4 (Versicherung) und 9 (Finanzinstrumente) zu verankern.

Carsten Zielke ist Inhaber der Zielke Research Consult GmbH


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