Zahlt die Berufshaftpflicht für Fehler eines Vorstandes, muss der Managerkünftig einen Eigenbeitrag leisten. Dieses Risiko lässt sich versichern – seitNeuestem auch in der Gruppe
Der Countdown läuft. Am 1. Juli endet die Übergangsfrist zur Regelung der neuen Eigenbeteiligung für Manager, die ihre Berufshaftpflichtversicherung in Anspruch nehmen. Fast alle großen Anbieter der sogenannten Directors‘ and Officers‘ Liability (D&O) haben Zusatzpolicen im Programm, mit denen Führungskräfte den neuen Selbstbehalt versichern können. Auch Monate nach der Markteinführung sorgen zwei alternative Modelle für heftige Diskussionen in der Branche – die separate und die mit der eigentlichen Berufshaftpflicht verbundene Deckung. Jetzt gibt es eine dritte Lösung: die Gruppenversicherung.
Hintergrund ist das im August 2009 in Kraft getretene „Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung“. Die Große Koalition hat damit en passant eine obligatorische Selbstbeteiligung für Vorstände von Aktiengesellschaften für den Fall eingeführt, dass der Managerhaftpflichtversicherer einen Schaden reguliert. Mit den Policen sichern Firmen ihre Führungskräfte dagegen ab, dass sie nach einem Fehler persönlich für entstandene Schäden haften.
Die Eigenbeteiligung ist mehr als ein symbolischer Betrag: Sie beträgt mindestens zehn Prozent des Schadens und maximal anderthalb Jahresgehälter. „Der Selbstbehalt bezieht sich auf alle Vorstände von Aktiengesellschaften, unabhängig davon, ob sie börsennotiert sind oder nicht“, sagt Nicole Weyerstall, Leiterin Financial Lines beim Versicherer Zurich. Betroffen sind darüber hinaus Vorstände einer SE und einer KGaA. Auch Vorstände deutscher Töchter ausländischer Mütter müssten im Schadensfall eine Eigenbeteiligung leisten, ist Weyerstall überzeugt.
Doch das wird wie so vieles im Zusammenhang mit dem Selbstbehalt noch heiß diskutiert. Sicher scheint nur, dass Manager sich gegen das Zahlen der Eigenbeteiligung versichern können – und die Prämie selbst zahlen müssen. Umstritten ist aber das Wie. Ein Teil der D&O-Versicherer setzt auf das sogenannte Anrechnungsmodell, etwa die R+V. „Das Risiko hat sich nicht geändert, aber das Absicherungsbedürfnis der Manager“, sagt Martin Schiel, D&O-Fachmann von R+V. Beim Anrechnungsmodell hat der Manager einen eigenen Vertrag und zahlt selbst die Prämie, die Versicherungsleistung wird aber auf die Firmendeckung angerechnet.
Kritiker halten das für nicht statthaft, weil der Gesetzgeber eine strikte Trennung zwischen der Police des Unternehmens und der des Managers vorsehe. R+V bietet aber auch separate Deckungen mit eigener Kapazität an, wenn sowohl das Unternehmen als auch der Manager bei ihr versichert sind.
Zurich gehört zu den Anbietern, die auf eine strikte Trennung dringen. „Wir raten Unternehmen, die Selbstbehaltsklausel in die D&O-Verträge aufzunehmen und sich nicht aktiv um die Versicherung des Selbstbehalts zu kümmern“, sagt Zurich-Expertin Weyerstall. Das sei Sache der Führungskräfte selbst. „Wenn Manager eine Selbstbehaltspolice bei uns abschließen, ist unerheblich, ob das Unternehmen die D&O auch bei uns hat oder nicht“, sagt sie. Bislang hat die Zurich rund 100 Policen verkauft. Weyerstall rechnet aber damit, dass die Zahl in den Wochen bis zum 1. Juli rasant steigen wird.
Davon geht auch der Düsseldorfer Versicherungsmakler Michael Hendricks aus. Er schätzt, dass 80 Prozent der infrage kommenden Manager eine Police abschließen werden. Seiner Auffassung nach ist das eine Generationenfrage. Ältere Manager mit hohem Vermögen werden eher darauf verzichten, glaubt er. „Viele sind davon überzeugt, dass sie keinen Schaden haben werden, weil sie Jahrzehnte im Beruf sind und keinen hatten.“
Als klarer Befürworter einer separaten Lösung hat Hendricks gemeinsam mit Versicherern eine dritte Versicherungsvariante entwickelt: die Selbstbehalts-Gruppenversicherung. Das ist ein Vertrag, über den sich mehrere Personen versichern, die Abwicklung der Schäden erfolgt aber individuell. Ein versicherter Manager hat bei diesem Modell also keine Nachteile, wenn die Versicherung für Fehler seines Kollegen einspringen muss.
Bei der Selbstbehalts-Gruppenversicherung ist die Maklerfirma Hendricks der Versicherungsnehmer. „Die versicherten Personen sind diejenigen, die dem Vertrag beitreten“, erklärt Hendricks. Interessierte erfahren von der Police über die Versicherungsabteilungen ihrer Unternehmen. Das verstoße nicht gegen firmeninterne Compliance-Vorschriften, betont Hendricks. „Die Unternehmen sagen klar, dass sie damit nichts zu tun haben.“ Über eine Hotline sollen die Manager Details zu den Verträgen abrufen können. Die Versicherer, mit denen er die Gruppenpolice gemeinsam anbietet, sind die Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS), DUAL und Berkley. Wer jeweils zum Zug kommt, wird über eine Ausschreibung entschieden.
Die AGCS ist einer der größten Managerhaftpflichtversicherer in Deutschland und war eine der ersten, die Gruppenversicherungen für den Selbstbehalt aufgelegt haben. Die Münchener haben ein undogmatisches Verhältnis zu dem Thema: Bislang hat das Unternehmen 250 Selbstbehaltspolicen verkauft, und zwar gleichermaßen separate Deckungen wie auch das Anrechnungsmodell. „Wir halten beide Lösungen für rechtlich zulässig“, sagt Carsten Wiesenthal, Leiter Financial Lines Deutschland bei AGCS. Die Durchschnittsprämie liegt bei 2500 Euro im Jahr, die Gruppenlösung fällt etwas günstiger aus. Separate Verträge haben bislang allerdings nur Manager bekommen, deren Unternehmen auch eine D&O-Police bei der Allianz abgeschlossen haben.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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