Mit Gehaltsschutzbriefen können Angestellte die finanziellen Einbußen nacheinem Jobverlust abmildern. Sie kosten aber viel Geld
Die deutsche Wirtschaft brummt: Die Gefahr, seinen Arbeitsplatz zu verlieren, scheint gerade jetzt äußert gering. Doch mitunter erwischt es Angestellte ganz überraschend, etwa weil nach einer Fusion Stellen wegfallen. Für solche Risiken hat sich die Finanzwelt etwas ausgedacht: den Gehaltsschutzbrief. Bei Arbeitslosigkeit zahlt der Versicherer Genworth Financial einen festgelegten Betrag, der die finanziellen Einbußen abfedert. Experten bewerten das Angebot jedoch kritisch.
„Der Gehaltsschutzbrief ist eine Ergänzung, er soll nicht die gesamte Lücke abdecken, die bei Arbeitslosigkeit entsteht“, sagt Robert Linnemann vom Maklerpool PMA, der die Police exklusiv für Genworth über 850 Partner vertreibt. Schließlich gibt es ja auch Arbeitslosengeld. Das reicht aber oft nicht, um den gewohnten Lebensstandard zu erhalten. „Mit der Versicherung können Kunden die Gebühren für die Privatschule der Kinder oder hohe Investitionen absichern“, sagt Linnemann. Die maximale Leistung des Versicherers liegt allerdings nur bei 1500 Euro pro Monat.
Billig sind die Policen nicht. Wer bei Jobverlust 1500 Euro haben will und zwischen 30 und 50 Jahre alt ist, muss im Monat 85,35 Euro zahlen und sich bei Vertragsabschluss für mindestens drei Jahre binden. Wer in der Zeit mehrmals arbeitslos wird, bekommt höchstens 24 Monate das Geld. Verliert er verschiedene Jobs in sechs Monaten, weil er etwa Probezeiten nicht übersteht, gilt das als ein Leistungsfall, der Versicherer zahlt maximal für zwölf Monate. Bei Arbeitsunfähigkeit infolge eines Herzinfarkts oder einer Krebserkrankung überweist die Gesellschaft das Zwölffache der Monatsleistung als Einmalzahlung. „Es gibt keine Gesundheitsprüfung“, sagt Linnemann. Wohl aber eine Gesundheitsklausel: Wusste der Kunde im Jahr vor Vertragsbeginn über die Erkrankung Bescheid, geht er in den ersten zwei Jahren leer aus. Die Policen sind seit Sommer auf dem Markt, bis Ende 2010 hat PMA 75 abgesetzt. Nach Angaben von PMA verkauft kein anderer Versicherer Gehaltsschutzbriefe, bei denen der Kunde frei über das Geld verfügen kann.
Das hat wohl gute Gründe. „Sinnvoller als der Abschluss so einer Versicherung ist, einen guten Dienstvertrag auszuhandeln“, sagt ein Sprecher des Verbands angestellter Akademiker und leitender Angestellter der Chemischen Industrie. Dazu gehört, eine ordentliche Abfindung zu vereinbaren.
Selbst Versicherungsverkäufer sehen Verträge sehr kritisch, die finanzielle Lücken bei Arbeitslosigkeit füllen sollen. „Ich rate dringend von solchen Policen ab“, sagt Kai Waldmann, Leiter Sachversicherung beim Finanzvertrieb MLP. Die Hürden, um die Leistung zu bekommen, sind hoch, Warte- und Karenzzeiten lang. Vor allem der hohe Preis schreckt ab. „Es ist besser, das Geld für schlechte Zeiten zurückzulegen“, sagt er. Der einzige Fall, bei dem die Vorsorge für die Arbeitslosigkeit nach seiner Auffassung sinnvoll sein könnte, ist die Absicherung einer Immobilienfinanzierung mit einem Hypothekenschutzbrief. „Das ist aber immer vom Einzelfall abhängig und gut zu prüfen“, sagt er.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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