Verbraucherschützer halten nichts von den neuen Musterklauseln fürWohngebäudepolicen
Verbraucherschützer kritisieren die vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) vorgelegten neuen Musterbedingungen für die Absicherung von Wohngebäuden gegen Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen als völlig unzureichend. Der Bund der Versicherten fordert die Einführung einer Pflicht-Elementarschutzversicherung, damit alle Kunden in gefährdeten Gebieten Deckung bekommen.
Nach den vom GDV überarbeiteten Musterbedingungen für Wohngebäudepolicen soll der sogenannte Elementarschutz künftig in die Verträge automatisch integriert und nur auf Wunsch des Kunden herausgenommen werden. Allerdings kann auch der Versicherer auf dem Ausschluss bestehen. Bislang müssen sich Kunden gegen Naturgefahren wie Überschwemmung, Starkregen oder Erdbeben mit einer Zusatzpolice versichern. Bundesweit haben nur 26 Prozent der Hausbesitzer diesen Schutz.
Nach Auffassung von Verbraucherschützern helfen die neuen Bedingungen den Kunden nicht weiter. „Das ist eine rein kosmetische Änderung“, moniert Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. „Ich sehe keine Verbesserung zur bisherigen Regelung.“ Denn Eigentümer in hochgefährdeten Gebieten haben weiter keine Aussicht auf Deckung, weil Anbieter sie ablehnen. Laut GDV haben 1,5 Prozent der Haushalte Probleme, Schutz zu bekommen. Rudnik geht davon aus, dass es viel mehr sind, weil vielen Versicherern nicht nur die ausgewiesenen Hochrisikogebiete zu riskant sind. „Wir brauchen eine gesetzliche Regelung für eine Pflichtversicherung“, fordert er. Dann müssten die Anbieter jeden nehmen, es müsste sich aber auch jeder versichern.
Nicht nur der fehlende Schutz für Risikogebiete stößt auf Unmut. Lars Gatschke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen kritisiert, dass der GDV nicht die Gelegenheit genutzt hat, um die grundlegende Verfahrensweise in dieser Sparte zu ändern. „Das Grundübel ist das Prinzip der benannten Gefahren“, sagt er. Das bedeutet: Kunden sind nur gegen die Schäden versichert, die im Vertrag aufgeführt werden. Geschieht etwas Unvorhergesehenes, sind sie nicht dagegen versichert. Gatschke fordert die Umstellung auf eine Allgefahrendeckung, wie sie im angelsächsischen Raum üblich ist. In Deutschland wird sie vor allem Firmenkunden und der öffentlichen Hand angeboten.
Der Marktführer in der Gebäudeversicherung, die Stuttgarter Sparkassenversicherung, praktiziert längst, was der GDV einführen will. Die SV ist vor allem in Baden-Württemberg und Hessen tätig. „Wir bieten den Elementarschutz immer mit an“, sagt eine Sprecherin. In Baden-Württemberg haben 95 Prozent der Kunden mit einer Gebäudeversicherung diese Deckung. Dort gab es von 1960 bis zur Deregulierung des Versicherungsmarkts 1994 eine Elementarpflichtversicherung. In Hessen gab es sie nicht. Dort haben nur 5,4 Prozent der SV-Kunden den Elementarschutz.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo