BGH kassiert Klauseln des Lebensversicherers Deutscher Ring wegenunangemessener Benachteiligung von Kunden
Auf die deutschen Lebensversicherer könnten nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) millionenschwere Belastungen zukommen. Der BGH hat am Mittwoch Klauseln des Lebensversicherers Deutscher Ring kassiert, weil sie eine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstellen (Az IV ZR 201/10).
Dabei geht es unter anderem um die Verrechnung der Abschlusskosten, vor allem der Vermittlerprovisionen, mit den ersten Beitragszahlungen sowie die Strafgebühr für Kündigungen, den sogenannten Stornoabzug. Betroffen sind Verträge, die der Versicherer zwischen Sommer 2001 und Ende 2006 verkaufte.
Nach Auffassung der Verbraucherzentrale Hamburg wird die Branche durch das Urteil erheblich belastet. Sie hatte geklagt, weil sie Klauseln der Deutscher Ring Leben für intransparent und ungerecht hält. Die Deutscher Ring Lebensversicherung gehört zur Schweizer Baloise. Ähnliche Verfahren sind gegen die Allianz, Ergo, Signal Iduna und Generali anhängig.
„Fast alle Lebensversicherer haben ähnliche Klauseln verwendet“, sagte Edda Castelló von der Verbraucherzentrale. Nach ihren Angaben werden pro Jahr 3,2 Millionen Lebens- oder Rentenpolicen gekündigt. Ansprüche auf eine Nachzahlung könnten sehr viele Kunden haben, die seit 2001 einen Vertrag geschlossen und dann gekündigt haben, sagte Castelló. „Da kommt schon einiges zusammen.“
Hintergrund der BGH-Entscheidung ist ein seit Langem schwelender Streit zwischen Verbraucherschützern und Versicherern um die sogenannten Rückkaufswerte und Stornoklauseln bei Lebensversicherungen. Kündigen Kunden ihre Lebens- oder Rentenversicherung, müssen sie oft mit hohen Verlusten rechnen. Viele Versicherer sparen die ersten von Kunden gezahlten Prämien nicht an, sondern leiten sie als Provision an den Vermittler weiter, sodass der Rückkaufswert in der Vergangenheit teilweise bei Null lag – Kunden also trotz Einzahlungen nichts zurückbekamen.
Bei diesem System ist der Rückkaufswert um so niedriger, je früher der Kunde nach dem Abschluss kündigt. Diese Vergütungspraxis ist wichtig für den Aufbau und Erhalt der Vertriebseinheiten der Assekuranz, weil sich die Vermittler über die hohen Abschlussprovisionen aus Lebens- und Rentenpolicen finanzieren.
Der BGH hat bereits 2005 entschieden, dass Kunden einen Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert von rund der Hälfte der gezahlten Beiträge haben. Damals ging es um Verträge aus den Jahren 1998 bis 2001. Der Gesetzgeber hat die Entscheidungen des BHG in die Reform des Versicherungsvertragsgesetzes 2008 aufgenommen. Die Entscheidung des BGH vom Mittwoch hat keine Auswirkungen auf neue Verträge.
Die Deutsche Ring Leben sieht die Auswirkungen des Urteils als nicht gravierend an. „Betroffen sind weniger als fünf Prozent des damaligen Kundenbestands“, sagte ein Sprecher des Deutschen Rings. Der Bestand lag bei rund einer Million Kunden. Berechtigt geltend gemachte Ansprüche werde der Versicherer zügig regulieren. Dafür habe man „ausreichend Vorsorge“ getroffen. Angaben zur Höhe dieser Rückstellung will der Versicherer nicht machen. Die Allianz Leben hat nach einer Niederlage vor dem Oberlandesgericht Stuttgart in ähnlicher Sache eine Rückstellung von 117 Mio. Euro gebildet.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo