Auf der Finanzmesse DKM beklagen sich Vermittler über die Regulierung. Vonniedrigeren Provisionen wollen sie nichts hören
Friederike Krieger Anja Krüger Isabel Gomez
Isabel Gomez, Anja Krüger
und Friederike Krieger, Dortmund
Auf den ersten Blick merkt man den Besuchern der diesjährigen Finanzmesse DKM nicht an, dass ihr Geschäftsmodell unter Druck steht: Die Stimmung ist gut unter den Anzugträgern, eifrig wird Small Talk betrieben. Doch die Themen, die in fast jedem Gespräch anklingen, sind wenig erfreulich: Das schlechte Außenbild von Finanzvertrieb und -beratung wird genauso beklagt wie die anhaltende Diskussion um zu hohe Provisionen beim Verkauf von Versicherungen und Fonds und die härter werdende Regulierung durch nationale und europäische Aufsichtsbehörden.
Die DKM, das ist die größte deutsche Messe für Versicherungs- und Finanzvermittler. In den Dortmunder Westfalenhallen zeigen diese Woche Mittwoch und Donnerstag mehr als 290 Aussteller ihre Angebote – das sind etwas weniger als die 310 im Vorjahr, und auch die Besucherzahl dürfte schon höher gewesen sein.
Und dennoch hat die Branche ihren Humor nicht gänzlich verloren. So prangt am Stand der Nürnberger Versicherungsgruppe ein Schild mit der Aufschrift „Nürnberger Ratingagentur“. Darunter befindet sich ein rundes, blaues Zelt mit einer Wahrsagerin, die Messebesuchern aus der Hand liest. Schon 2011 war die Dame eine der Attraktionen der Messe – allerdings mit eher zweifelhafter Treffsicherheit. „Mir hat sie vorhergesagt, ich würde mich beruflich verändern und ins Ausland gehen“, sagte eine Messebesucherin. Beides sei nicht eingetreten. Wie das eben so sei mit Ratingagenturen, meint sie.
Doch so gut die Laune in Dortmund äußerlich auch ist, in vielen Bereichen stehen Versicherer, Fondsanbieter, Vermittler und Berater in der Kritik – und das auch auf der DKM. So fordert etwa Bert Rürup, Namensgeber der staatlich geförderten Rürup-Rente und Vorstand des Beratungshauses MaschmeyerRürup, in einer Diskussionsrunde, dass Anbieter von Riester-Renten mehr Nettotarife ohne Abschlussprovisionen anbieten sollen. Nur so ließe sich das Produkt retten.
Niemand müsse die Zusatzrente abschließen – laut Rürup ein Fehler. „Die Tatsache, dass die Riester-Rente ein Pushprodukt ist, das aktiv verkauft werden muss, fördert die Unübersichtlichkeit“, sagte der Ökonom. Wegen des Verkaufsdrucks seien die Produkte teuer und intransparent. Versicherer sollten sich überlegen, ob sie auch Riester-Renten mit einem Nettotarif anbieten. Das würde nicht nur der Diskussion um Abschlusskosten die Spitze nehmen, sondern auch die Honorarberatung fördern.
Vom Thema Honorarberatung, bei der Berater keine Provision vom Produktanbieter erhalten, sondern vom Beratungsempfänger entlohnt werden, wollen auf der DKM allerdings die wenigsten Besucher – vor allem freie Vermittler und Berater – etwas hören. Sie wollen viel lieber wissen, welche Konsequenzen Regulierungsmaßnahmen für ihre tägliche Arbeit haben. Hier ist die Branche verunsichert, etwa wenn es um das im Juni verabschiedete Finanzanlagenvermittlergesetz geht. Bisher war es recht einfach, Finanzprodukte zwischen Anbietern und Anlegern zu vermitteln: eine Erlaubnis laut Gewerbeordnung beantragen, gegebenenfalls eine zusätzliche Genehmigung für kompliziertere Produkte einholen, fertig. Ob der Vermittler wirklich versteht, was er da verkauft, wurde nicht überprüft.
Um Anleger vor unseriösen Vermittlern zu schützen, wurde das Gesetz verabschiedet. Vermittler müssen sich nun registrieren lassen, ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis haben. Sie dürfen kein Insolvenzverfahren anhängig haben, müssen eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen und brauchen vor allem einen Sachkundenachweis, dem eine Prüfung vorausgeht. Ausnahmen gibt es, wenn der Vermittler etwa Bankfachwirt ist oder unter die sogenannte Alte-Hasen-Regelung fällt. Das tut der Berater, wenn er seit 2006 als Vermittler arbeitet und seine Arbeit jährlich von einem Wirtschaftsprüfer testieren lässt. Und: Jeder Schritt bei der Beratung muss künftig dokumentiert werden – und so ist die Beraterhaftung ist ein heißes Thema auf der Messe.
Allein: Die Vermittler scheinen auf die neuen Anforderungen noch nicht wirklich vorbereitet zu sein. „Wer registriert mich eigentlich nach der Prüfung? Ich war bei der IHK und beim Kreisverwaltungsamt. Die schicken mich jeweils zum anderen“, fragt etwa ein freier Vermittler bei einer Podiumsdiskussion. Oder: „Kann ich meine alten Visitenkarten noch aufbrauchen, wenn ich neu registriert bin?“ Und auf diese detaillierten Fragen haben selbst die geladenen Diskussionsteilnehmer, Rechtsanwälte, Verbandsvertreter und Urgesteine der Vermittlerbranche, keine Antwort.
Quelle: Financial Times Deutschland
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