Talanx ordnet Konzernstruktur neu

Versicherer streicht nach Fusion mit Gerling 1800 Stellen · Hannover und Köln bleiben starke Standorte

Von Ilse Schlingensiepen und Herbert Fromme, Köln Der Übernahme der Gerling-Versicherungsunternehmen durch den Talanx-Konzern fallen 1800 der 16 800 Arbeitsplätze zum Opfer, 1500 davon in Deutschland. Das hat der Talanx-Vorstand gestern den Mitarbeitern mitgeteilt. Am Standort Hannover bündelt der Konzern in Zukunft das Schaden- und Unfallgeschäft, in Köln die Lebensversicherung. Wiesbaden wird geschlossen, Hamburg deutlich reduziert.

Die Hannoveraner Talanx-Gruppe, zu der die HDI-Versicherer und der Rückversicherer Hannover Rück gehören, hatte die Gerling Allgemeine und die Gerling Lebensversicherung im November 2005 von der Gerling Gruppe in Köln übernommen. Der Kaufpreis betrug nach Angaben aus Versicherungskreisen 1,3 Mrd. Euro, einschließlich der Übernahme von Pensionslasten. Die Übernahme hat Talanx zum drittgrößten Assekuranzkonzern gemacht. Als Industrieversicherer ist der Konzern dem Branchenprimus Allianz jetzt dicht auf den Fersen.

Der Konzern hat weitere Übernahmen angekündigt, vor allem im Ausland, die er mit einem Börsengang der Zwischenholding Talanx finanzieren könnte. Mehrheitseigner der Talanx ist der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI), ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit.

Das Industriegeschäft wird die Gruppe in Zukunft wie die gesamte Schaden- und Unfallversicherung von Hannover aus führen. Dort kommen damit HDI Gerling Industrie, HDI Gerling Firmen und Privat, HDI Direkt, HDI Rechtsschutz und HDI Gerling International zusammen. Die in diesem Bereich tätigen Gerling-Mitarbeiter inklusive der Gerling-Vertriebsgesellschaften müssen an die Leine umziehen. „Mit der Zusammenführung des traditionellen Kerngeschäfts am Stammsitz der Talanx wird der Konzern die wichtigsten Kompositaktivitäten am Standort Hannover schlagkräftig aufstellen“, heißt es in der Mitteilung an die Mitarbeiter.

Die künftige „Serviceholding Leben“ wird in Köln ihren Platz finden und die Gerling Leben, Aspecta, HDI Leben sowie HDI und Gerling Pensionsmanagement zusammenfassen. Durch die Verlagerung der bisher in Wiesbaden angesiedelten Gerling-Aktivitäten in der Lebensversicherung wird dieser Standort geschlossen. In Hamburg wird der Konzern künftig noch mit einer Niederlassung für das Schaden-/Unfallgeschäft und der Neuen Leben präsent sein. Auch die Kölner Gerling-Mitarbeiter, die in der Domstadt bleiben, müssen sich an eine neue Arbeitsstätte gewöhnen: Talanx zieht aus den traditionellen Gerling-Gebäuden im Friesenviertel in die früheren Messehallen, als Nachbar des Fernsehsenders RTL.

Wie auch RTL hatte Talanx bei der Stadt Köln Druck gemacht. Der Versicherer drohte mit Wegzug aus Köln und verlangte Hilfe bei der Anmietung und der Verwertung der markanten, aber stark sanierungsbedürftigen Gerling-Altgebäude. Unter dem Schock der Allianz-Entscheidung, den Standort Köln ganz zu schließen, kamen Oberbürgermeister Fritz Schramma und Sparkassenchef Gustav Adolf Schröder zu schnellen Entscheidungen. Talanx mietet die künftigen Büros – rund 50 000 Quadratmeter – von einer Tochter der Sparkasse an, die ihrerseits zusammen mit städtischen Gesellschaften die Gerling-Altgebäude kauft.

Von den 1800 zur Disposition gestellten Stellen stammen 1250 aus der Schaden- und Unfallversicherung – dort gibt es zwischen den beiden Gruppen die größten Überlappungen. Das Segment Lebensversicherung verliert 500 Stellen, bei den Finanzdienstleistungen sind es 50.

Wie die Swiss Re, die in der vergangenen Woche als Folge der Übernahme der GE Insurance Solutions den Abbau von 2000 Stellen angekündigt hatte, verwies Talanx darauf, dass die Stellenkürzungen ausschließlich auf den Abbau von Doppelstrukturen abzielten. Er sei notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns zu erhalten. „Es handelt sich dabei nicht um ein Kostenabbauprogramm, was derzeit bei vielen Unternehmen in der Versicherungsbranche zu beobachten ist“, schreibt der Talanx-Vorstand. Das ist ein deutlicher Hinweis auf die Allianz, die den Abbau von 5700 Stellen bei ihren Versicherungs- und Vertriebsgesellschaften mit nötigen Effizienzsteigerungen begründet hatte. Der Vorstand legt nahe, dass noch mehr Stellenstreichungen möglich gewesen wären. „Durch die Zusammenfassung der Gruppe an einem Standort hätten noch höhere Effizienzpotenziale erreicht werden können.“ Im Interesse der Mitarbeiter und „unter Betrachtung der Bedeutung des Konzerns für beide Wirtschaftsstandorte“ habe man sich für die zwei Standorte entschieden.

Zitat:

„Es handelt sich nicht um ein Kostenabbauprogramm“ – Talanx-Vorstand –

www.FTD.de/talanx

Quelle: Financial Times Deutschland

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