Wenn der Staat die Provisionen festlegt

Vermittler beklagen Vorschriften für die Krankenversicherung.Verbraucherschützern gehen sie nicht weit genug

Ilse Schlingensiepen

Für Michael Heinz, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Versicherungskaufleute (BVK), steht fest: Er wird gegen die vom Bundestag beschlossene Deckelung der Provisionen auf neun Monatsbeiträge und die Verlängerung der Stornohaftung auf fünf Jahre in der privaten Krankenversicherung (PKV) vor Gericht ziehen. „Das ist ein Eingriff in meine unternehmerische Freiheit“, sagt Heinz.

Mit den Regelungen, die ab 1. April 2012 greifen, will der Gesetzgeber Provisionsexzessen und provisionsgetriebenen Umdeckungen ein Ende bereiten. Die vor allem von Großvertrieben verursachten Auswüchse im harten Wettbewerb der Unternehmen um Vollversicherte haben der PKV eine weitere offene Flanke gegenüber Verbraucherschützern und der Politik beschert. Weil die Branche die Probleme nicht selbst in den Griff bekam, setzten führende Manager auf die Lobbyarbeit in Berlin – mit Erfolg.

Das Gespräch mit den Vermittlern haben die Versicherer dagegen nicht gesucht, ärgert sich Heinz. „Das ist ein großer Vertrauensverlust. Schließlich sind wir Partner und keine Gegner.“

Neun Monatsbeiträge seien viel mehr, als 90 bis 95 Prozent der BVK-Mitglieder bekommen, betont Heinz. „Es geht um die ordnungspolitischen Grundsätze.“

Man müsse sehen, ob sich die neuen Vorschriften in der Praxis bewähren, sagt der Direktor des PKV-Verbands Volker Leienbach. „Es geht darum, Übertreibungen bei den Provisionen zu vermeiden, ohne jedoch die persönliche Beratung und Betreuung der Versicherten durch die Vermittler zu beeinträchtigen.“ Die neuen Regelungen seien geeignet, Fehlanreizen zu begegnen, sagt er.

Das bezweifelt Lars Gatschke, Versicherungsexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Er sieht in dem Gesetz zwar einen „kleinen Schritt vorwärts“. Aber: „Es ist zu kurz gesprungen, weil die wesentlichen Fehlanreize nicht beseitigt werden.“ Vermittler sollten keine Abschlussprovision, sondern laufende Provisionen erhalten, fordert er.

Gatschke befürchtet, dass Vermittler – und Versicherer – jetzt nach Möglichkeiten suchen werden, die Intention des Gesetzes durch Tricks zu umgehen. Da sich die Provision häufig nach der ersten Prämie richtet, sei vorstellbar, dass PKV-Verträge eine hohe erste Prämie vorsehen und dann niedrigere Beiträge.

Die ersten findigen Vermittler sind offenbar schon mit Konzepten unterwegs, über die sie von den Versicherern letztlich doch mehr als neun Monatsbeiträge Provision erhalten. Wenn sich die Unternehmen darauf einlassen, schneiden sie sich ins eigene Fleisch, warnen führende Branchenmanager. Ihr Argument: Provisionsdeckelung und längere Stornohaftung waren nur ein erster Warnschuss an die Adresse der PKV-Branche. Ignorieren ihn die Unternehmen, wird die Politik sich das nicht lange gefallen lassen. Dann wird es den Anbietern erst richtig ans Leder gehen.

Quelle: Financial Times Deutschland

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