Überalterte Flotte soll jetzt wettbewerbsfähig werden
Von Patrick Hagen Jahrzehntelang fühlte sich die deutsche Binnenschifffahrt von der Politik vernachlässigt. Jetzt hofft sie, mit Hilfe von lange erwarteten Steuervorteilen gegen die übermächtige Konkurrenz der Nachbarstaaten bestehen zu können. Seit April können Reeder Erlöse aus dem Verkauf alter Schiffe steuerfrei in Neubauten investieren. Die Regelung ist zunächst auf fünf Jahre begrenzt.
Der Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt (BDB) geht davon aus, dass die Reedereien in den nächsten Jahren 200 Schiffe neu bauen lassen oder modernisieren. „Wir müssen uns gegen die Neubauwelle aus Belgien und den Niederlanden zur Wehr setzen“, sagt Jens Schwanen vom BDB. In Belgien und den Niederlanden gibt es schon seit langem entsprechende Regelungen. Die deutsche Binnenschifffahrt leidet dagegen traditionell unter einer veralteten Flotte. Schiffe für Trockengüter sind nach Angaben des BDB durchschnittlich 45,5 Jahre alt, ein Tankschiff kommt im Schnitt immer noch auf 32 Jahre.
Der Güterverkehr in Deutschland wird nach Schätzungen des Bundesverkehrsministeriums bis 2015 um fast die Hälfte wachsen. Das führt dazu, dass auch die Binnenschifffahrt mehr Aufmerksamkeit erfährt. Der Bundeshaushalt 2006 sieht 457 Mio. Euro für den Ausbau und Erhalt der deutschen Wasserstraßen vor. Damit erhöhen sich die Investitionen des Bundes um mehr als 50 Mio. Euro. „Es gibt eine völlig veränderte Wahrnehmung in der politischen Landschaft“, sagt Schwanen.
Bahn gilt als Hauptgegner
Deutschland spielt eine zentrale Rolle für die europäische Binnenschifffahrt. Das deutsche Wasserstraßennetz ist mit 7476 Kilometern das längste Europas. Der größte Binnenhafen in der EU liegt in Duisburg. Etwa 400 000 Arbeitsplätze in Deutschland hängen nach Schätzungen des Bundesverbands öffentlicher Binnenhäfen an der Branche. Den größten Anteil am Güterverkehr auf deutschen Wasserstraßen haben aber nicht deutsche Binnenschiffer, sondern ihre Konkurrenten aus Belgien und den Niederlanden. Letztere transportierten im vergangenen Jahr auf deutschen Wasserstraßen 53 Prozent aller Güter. Der Anteil der einheimischen Schiffe auf deutschen Flüssen und Kanälen sank dagegen zwischen 1991 und 2005 von 44,4 Prozent auf 34,2 Prozent.
Für die Zukunft der Binnenschifffahrt wird entscheidend sein, ob es ihr gelingt, mit ihren Konkurrenten Bahn und Straße zusammenzuarbeiten. Bisher sind Schiffe noch zu selten Teil einer Transportkette. „Die Bahn wird immer noch als Hauptgegner gesehen“, kritisiert Erich Staake, Geschäftsführer des Duisburger Hafens. „Damit richtet die Binnenschifffahrt sich ihr eigenes Geschäft zugrunde.“ Duisburg setzt deshalb auf trimodale Strukturen. Die meisten Terminals sind per Bahn, Lkw und Schiff zu erreichen.
Der Containerverkehr wird auch in der Binnenschifffahrt immer wichtiger. Während die Beförderungsmenge in den ersten sechs Monaten dieses Jahres insgesamt stagnierte, stieg die Menge der per Stahlbox transportierten Güter um 2,3 Prozent. Der Hafen Duisburg erwartet, dass die Zahl der Container bis 2010 um 50 bis 60 Prozent steigt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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