Wenn Feuer oder Sturm gewütet haben, ist der Sachschaden nicht das einzige Problem. Unternehmen müssen auch darauf vorbereitet sein, anschließend um ihr Prestige und ihre Kunden zu kämpfen dsfgsd fs
VON Patrick Hagen Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland beschert Unternehmen besondere Risiken. Zerstört ein Feuer oder ein Sturm die Produktionsanlagen, fällt der Schaden jetzt größer aus als in Zeiten der ökonomischen Flaute. „Je besser es den Unternehmen geht, desto teurer werden auch die Schäden“, sagt Achim Hillgraf, Deutschland-Geschäftsführer des Industrieversicherers FM Global. Vor dem Anspringen der Konjunktur konnten Unternehmen eher auf ungenutzte Kapazitäten zurückgreifen. Wenn die Produktionsanlagen komplett ausgelastet sind, geht das nicht.
Im Katastrophenfall ist der reine Sachschaden meistens das kleinere Problem. Kritischer ist der Betriebsstillstand. Unternehmen können zwar fortlaufende Kosten und entgangene Gewinne mit einer Betriebsunterbrechungsversicherung abdecken. Sie können sich aber nicht dagegen versichern, dass aufgrund von Lieferschwierigkeiten Kunden abspringen oder die Firma ihren guten Ruf verliert. Auch dass das Management der Firma sich mit der Bewältigung des Schadens befassen muss und wichtige Aufgaben zu kurz kommen, deckt der Vertrag nicht ab. „Die nicht versicherbaren Schäden sollten den Unternehmen die größten Sorgen machen“, sagt Hillgraf.
Welche Auswirkungen Folgeschäden haben können, zeigt das Beispiel des schwedischen Handyherstellers Ericsson. Im März 2000 zerstörte ein Blitz die Fertigungsanlagen für Handychips von Zulieferer Philips in New Mexico. Philips informierte seine Hauptkunden Nokia und Ericsson, dass es Lieferschwierigkeiten geben werde. Während Konkurrent Nokia sich bei anderen Herstellern mit Chips eindeckte, wartete Ericsson ab. Das Unternehmen schloss das Jahr schließlich mit einem Milliardenverlust ab und machte den Chipmangel dafür verantwortlich. Ein Jahr später legte es seine angeschlagene Handysparte in einem Joint Venture mit Sony zusammen.
Die schwersten Schäden drohen Produzenten durch Brände. „70 Prozent aller Betriebsunterbrechungsschäden werden durch Feuer verursacht“, sagt Hillgraf. Auf Platz zwei folgen Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Stürme, danach kommen Explosionen. „Ein Großschaden führt bei vielen Unternehmen zu einer signifikanten Verschlechterung ihrer Wettbewerbsfähigkeit“, sagt Hillgraf. „Bei Aktiengesellschaften kann es negative Auswirkungen auf den Aktienkurs geben.“
Immer mehr Unternehmen setzen deshalb darauf, das Entstehen von Schäden zu verhindern und sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Eine Vielzahl von Spezialfirmen bietet Beratung beim Schutz gegen Feuer, Explosionen oder Stürme. Auch Versicherer und Versicherungsmakler haben die Schadenverhütung als Dienstleistung entdeckt. „Der Schutz eines Unternehmens durch Versicherungen stößt an seine Grenzen“, sagt Hillgraf. Sein Unternehmen FM Global übernimmt nur Risiken, die eigene Ingenieure eingehend untersucht haben. „Unsere Spezialisten begehen alle Anlagen, bevor wir sie versichern“, sagt er. In Deutschland beschäftigt das Unternehmen 79 Ingenieure, weltweit sind es 1600. In einem eigenen Testcenter in den USA kann FM Global besonders gefährdete Teile eines Betriebs eins zu eins nachbauen. Ingenieure der Firma simulieren dort Großbrände, Stürme oder Staubexplosionen.
Ungewollte Produktionsstopps mit möglichen Folgeschäden sind nicht die einzigen Ereignisse, gegen die sich Unternehmen wappnen müssen. Auch der Ausfall wichtiger Mitarbeiter und die Abhängigkeit von einzelnen Kunden gehören zu den nicht versicherbaren Risiken. In einem familiengeführten Unternehmen kann die Nachfolgeregelung zum Problem werden. „Welche Risiken es gibt, ist je nach Unternehmen verschieden“, sagt Hans Kahlbrock von der Gossler, Gobert & Wolters Gruppe. Die Firma ist als Versicherungsmakler und Risikomanager vor allem für mittelständische Unternehmen tätig. Kahlbrock schätzt, dass 85 Prozent der gesamten Gefahren, denen ein Unternehmen ausgesetzt ist, nicht versicherbar sind.
Zu den Schäden, die das Image eines Herstellers stark beeinträchtigen, gehören Rückrufaktionen. Finden Kunden Glassplitter in Lebensmitteln oder sind Kleinkinder durch Produkte gefährdet, ist der Ruf schnell ruiniert. Um das zu vermeiden, ist gute Vorbereitung auf solche Tiefpunkte entscheidend. „Unternehmen müssen klären, was im Krisenfall zu tun ist“, sagt Kahlbrock. Dazu gehöre die Frage, wer im Ernstfall Fragen der Presse beantwortet.
Auch für Naturkatastrophen sollten Unternehmen Krisenpläne haben. Viele kommen nicht überraschend. „Vor der Elbflut haben wir unsere Kunden gewarnt“, sagt Hillgraf von FM Global. Die Unternehmen konnten wichtige Anlagenteile in Sicherheit bringen oder das Gelände mit Sandsäcken sichern. „Wir haben auch diejenigen informiert, die nicht betroffen waren“, sagt Hillgraf. „Das ist manchmal genauso wichtig.“ Schließlich koste auch eine unnötigerweise heruntergefahrene Anlage Geld.
Gute Schadenvorsorge lohnt sich für Firmen auch dann, wenn nichts passiert. Denn sie können bei den Versicherungskosten sparen. „Unternehmen, die sich intensiv mit Risikomanagement auseinandergesetzt haben, bekommen bei Versicherern bessere Konditionen“, sagt Makler Kahlbrock.
Günter Schlicht, Geschäftsführer des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands (DVS), bestätigt, dass gutes Risikomanagement zunehmend auch bei den Prämien für Verträge berücksichtigt wird. Der DVS ist die Lobbyorganisation der deutschen Wirtschaft in Versicherungsfragen. Niedrigere Beiträge seien ein willkommener Effekt, aber nicht das einzige Ziel, sagt Schlicht. „Unternehmen betreiben Risikomanagement in eigenem Interesse und nicht nur, um Prämien zu sparen.“
Zitat:
“ „Unternehmen müssen klären, was im Krisenfall zu tun ist“ “ – Versicherungsmakler Hans Kahlbrock –
Bild(er):
In einen Bienenschwarm zu geraten kann lebensgefährlich sein. Wer sich gut vorbereitet und schützt, braucht die Insekten nicht zu fürchten, sondern kann von ihnen wirtschaftlich profitieren – Don Mason/Corbis
Quelle: Financial Times Deutschland
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