Bleibt die monatliche Zahlung aus, wird die Immobilie zum Geldgrab. Policenversprechen Hilfe, machen aber harte Vorgaben
Ein Albtraum, den kein Immobilienbesitzer und Vermieter erleben will. Ein Unternehmensberater erzählt von seiner bitteren Erfahrung: Sein potenzieller Mieter, eine Kleinfamilie, wirkt sympathisch und vor allem solvent. Der Vater verspricht, die vereinbarte Kaution nach dem Einzug in die 100 Quadratmeter große Wohnung mit gehobener Ausstattung im April zu zahlen. Doch beim Eigentümer kommen weder Kaution noch Mietzahlungen jemals an.
Nach drei Monaten kündigt er dem Mieter fristlos, aber nichts tut sich. Er zieht vor Gericht. Elf Monate nach dem Einzug erzwingen Vollstreckungsbeamte den Umzug der Familie in eine andere Bleibe – auf Kosten des Vermieters. „Auf dem Gesamtschaden von mehr als 12 000 Euro bin ich sitzen geblieben“, sagt der Unternehmensberater. Bei seinem Ex-Mieter, der einst als Immobilienmakler arbeitete, ist nichts zu holen.
Sogenannte Mietnomaden, die von Wohnung zu Wohnung ziehen und nie einen Euro Miete zahlen, sind für Hausbesitzer eine extreme Belastung. Eine viel versprechende Geldanlage kann sich durch sie schnell in ein teures Missvergnügen verwandeln. Die Gefahr ist für den Eigentümer schwer erkennbar: Mietnomaden präsentieren sich in der Regel nicht als Sozialfälle, sondern als gut situierte, geschmackvoll und teuer gekleidete Bürger mit bestem Einkommen.
„Eigentümer können für den Fall vorsorgen, dass der Mieter nicht zahlt“, sagt der Versicherungsmakler Michael Kuhlmann, der die Homepage www.mietnomaden-versicherung.de betreibt. Vermieter haben zwei Optionen: die klassische Versicherungslösung oder ein Factoringmodell. Bislang hat laut Kuhlmann mit Helvetia nur ein Versicherer den Schutz gegen Mietnomaden im Programm.
Sie bietet die Mietrückstandsversicherung als Zusatz zur Gebäudeversicherung an. „Ein Massenprodukt ist das nicht“, sagt eine Sprecherin. Im Bestand sind etwa 500 Policen. Sie kosten den Eigentümer drei Promille der Jahresmiete. „Im Schadenfall trägt der Kunde eine Eigenbeteiligung von 20 Prozent, die sich auf die tatsächliche Schadenhöhe bezieht“, sagt die Sprecherin.
Voraussetzung für die Leistung ist, dass der Mieter abgemahnt wurde und der Eigentümer erfolgreich gegen ihn geklagt hat. „Man muss sich einen Rechtstitel verschaffen“, erklärt Vermittler Kuhlmann. Ohne Rechtstitel wären Schäden fingierbar. „Der Nachteil ist, dass die Versicherung nicht sofort zahlt“, sagt er. Sinnvoll ist diese Lösung seiner Auffassung nach deshalb vor allem für Vermieter mit mehreren Wohnungen, die eine Zahlungsverzögerung gut verkraften können. Beim Factoring dagegen erhält der Vermieter sofort Geld. Er tritt seine Forderungen an eine Factoringgesellschaft ab, die Außenstände eintreibt. Dieses Modell ist ab zwei Prozent der Jahresendmiete zu haben.
Der geprellte Unternehmensberater kann noch froh sein, dass die Kleinfamilie eine sehr gepflegte Wohnung hinterließ. Einem Manager, der wegen eines Auslandsaufenthalts sein Haus vermietete, erging es schlechter. Vor dem Einzug war das sehr gut gekleidete Paar im teuren Wagen vorgefahren. Nachdem es fast ein Jahr lang, ohne einen Cent Miete zu zahlen, in dem Haus gelebt hatte, verschwand es. Das Paar hinterließ ein Feld der Verwüstung. Einbaumöbel waren beschädigt, Kabel mutwillig und ohne ersichtlichen Grund aus den Wänden gerissen. Der Schaden liegt bei einigen Zehntausend Euro.
Auch gegen solche Fälle können sich Eigentümer versichern. „Kunden müssen aber genau in die Bedingungen schauen“, sagt Kuhlmann, der Verträge für den Hamburger Assekuradeur Carl Rieck vertreibt. Das Unternehmen bietet die Verträge seit vergangenem Herbst an, Risikoträger ist die Schwarzmeer und Ostsee Versicherung. Wichtig ist etwa, dass Vermieter dem Versicherer bei Schäden eine genaue Auflistung über das Inventar wie Armaturen oder Wohnungseinbauten geben können.
Policen gibt es über Deckungssummen von 10 000 Euro, 20 000 Euro oder 30 000 Euro. Sie kosten nach Auskunft des Assekuradeurs zwischen 72 Euro und 96 Euro plus Versicherungssteuer im Jahr. Im Schadensfall muss der Vermieter eine Eigenbeteiligung in Höhe von drei Monatskaltmieten tragen, was der regulären Kaution entspricht.
Die Kosten für den Schutz vor Mietnomaden können Eigentümer nicht auf die Mieter umlegen. „Aber sie können die Ausgaben steuerlich geltend machen“, sagt Kuhlmann.
Bei Haus & Grund, einem Interessenverband für private Vermieter, hält man nicht viel von solchen Policen. „Der Name Mietrückstandsversicherung hält nicht, was er verspricht“, sagt Kai Warnecke, Rechtsexperte bei Haus & Grund in Berlin. Die Vorgaben der Versicherer seien so hart, dass der Kunde selten Geld bekomme, kritisiert der Rechtsanwalt.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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