Gesetzlich versicherte Selbstständige müssen sich ab diesem Jahr imKrankheitsfall allein um ihre Absicherung kümmern
VON Friederike Krieger
S eit dem 1. Januar erhalten rund 1,5 Millionen gesetzlich versicherte Selbstständige kein Krankentagegeld mehr von ihrer Kasse. Um keine Lücke bei der Absicherung entstehen zu lassen, sollten Betroffene Zusatzpolicen abschließen. Private und gesetzliche Anbieter buhlen um die Klientel.
„Kein Selbstständiger sollte das Thema schleifen lassen“, sagt Lilo Blunck, Vorstandsvorsitzende des Bundes der Versicherten (BdV). „Sich hier abzusichern kann im Zweifel von existenzieller Bedeutung sein.“
Werden Angestellte krank, zahlt zunächst der Arbeitgeber bis zu sechs Wochen den Lohn weiter. Danach springt die Krankenkasse ein.
Freiwillig gesetzlich versicherte Selbstständige konnten bisher den Einkommensverlust im Krankheitsfall über ihren regulären Krankenversicherungstarif ausgleichen. Bei dem gesetzlichen Versicherer Barmer erhielten Selbstständige zum allgemeinen Beitragssatz von 14,4 Prozent einen Anspruch auf Tagegeld ab dem 43. Tag. Wenn sie den erhöhten Beitragssatz von 15,6 Prozent zahlten, konnten sie schon ab dem 22. Tag Krankentagegeld beziehen.
Mit der Gesundheitsreform und ihren einheitlichen Kassenbeiträgen entfällt dieser Anspruch. Der Gesetzgeber hat die Kassen allerdings angehalten, ihren selbstständigen Mitgliedern sogenannte Wahltarife zum Krankentagegeld anzubieten. „Der neue Wahltarif für Selbstständige ist mehr als ein Ersatz für den zum Jahresende weggefallenen gesetzlichen Anspruch auf Krankengeld“, sagt Birgit Fischer, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer, die als erste Kasse bereits im Oktober 2008 einen solchen Tarif auf den Markt gebracht hat. Der neue Wahltarif sei viel flexibler als die bisherige Lösung, sagt Fischer. Statt nur ab dem 22. oder dem 43. Tag könnte die Krankentagegeldzahlung auf Wunsch auch ab dem 15. oder dem 92. Tag beginnen.
So viel Freiheit erlauben aber nicht alle gesetzlichen Versicherer. Oft stehen nur zwei Auszahlungstermine zur Auswahl. „Bei privaten Krankentagegeldversicherungen ist der Leistungsbeginn individueller wählbar, und auch die Höhe der Leistung ist im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht begrenzt“, sagt Hans Josef Pick, Vorstand Versicherungsservice und -produkte Gesundheit beim privaten Versicherer DKV.
Bei der Barmer erhält auch ein gut verdienender Selbstständiger nur maximal 85,75 Euro pro Krankheitstag, da er nur 70 Prozent seines Arbeitseinkommens bis maximal zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze absichern kann. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt im Jahr 2009 bei 3675 Euro. Um bei der Barmer den Krankentagegeldhöchstsatz von 85,75 Euro zu bekommen, müsste etwa ein 40-jähriger Selbstständiger eine Prämie von monatlich 47,77 Euro zahlen, wenn er sich für Krankentagegeld ab dem 22. Tag entscheidet.
„Hohe Einkommen lassen sich ausschließlich privat absichern“, glaubt DKV-Vorstand Pick. Aber hier ist Vorsicht geboten: Nach dem sogenannten Bereicherungsverbot darf das Krankentagegeld nicht höher ausfallen als das Nettoeinkommen, da sonst Anreize bestehen, besonders oft krankzufeiern.
Die gesetzlichen Kassen beschränken oft den Bezug des Krankentagegelds, meist auf 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Private Versicherer kennen solche Begrenzungen in der Regel nicht. „Zudem bindet sich der Versicherte mit Abschluss eines Wahltarifs mit seinem gesamten Krankenversicherungsschutz für drei Jahre an eine Krankenkasse“, erklärt Roland Weber, Vorstandsmitglied beim privaten Versicherer Debeka. Kommt seine Kasse mit den Beiträgen, die sie seit Januar aus dem Gesundheitsfonds erhält, nicht aus, muss sie Zusatzbeiträge erheben. Selbstständige können dann den Versicherer nicht mehr wechseln. „Wenn Selbstständige ihr Krankentagegeld privat absichern, stehen ihnen alle Optionen offen: Sie können mit ihrer Hauptversicherung zu einem anderen gesetzlichen oder privaten Anbieter wechseln“, sagt Weber.
Einen Wermutstropfen bringt die private Absicherung allerdings mit sich: Selbstständige müssen eine Gesundheitsprüfung über sich ergehen lassen. „Besonders für Ältere und Kranke stellt das ein Problem dar“, sagt BdV-Vorstandsvorsitzende Blunck. Private Versicherer können bei Vorerkrankungen saftige Risikozuschläge erheben oder Selbstständige gleich ganz ablehnen. Gesetzliche Anbieter müssen dagegen jeden Bewerber aufnehmen. Die mangelnde Risikoselektion führt allerdings auch dazu, dass die Prämien für das Krankentagegeld bei den Kassen im Durchschnitt ein wenig teurer sind.
„Die Selbstständigen werden in der Regel aber nicht stärker belastet als bisher, da für sie nun der ermäßigte Beitragssatz von 14,9 statt 15,5 Prozent gilt“, verspricht Fischer von der Barmer. „In vielen Fällen wird sich eine finanzielle Vergünstigung ergeben.“
Quelle: Financial Times Deutschland
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo