Die meisten Banken unterscheiden in der Finanzberatung nicht zwischen den Geschlechtern. Einige haben für Frauen jedoch spezielle Angebote entwickelt
Frauen sind heute finanziell unabhängiger als noch vor zwei Generationen. Immer mehr verdienen ihr eigenes Geld und bauen so ein kleines Vermögen auf. Damit werden sie auch als Zielgruppe für Banken zunehmend interessanter.
Eine separate Betreuung gibt es in den meisten Fällen jedoch nicht. „Wir beraten unsere Kunden stets individuell und machen keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bank. Der Branchenprimus steht mit seiner Position nicht allein da. Bei der Commerzbank, den Sparkassen, Genossenschaftsbanken und vielen Versicherungen ist es ähnlich. „Wir haben keine spezielle Vertriebsansprache für Frauen“, sagt eine Sprecherin der Allianz Leben. Das Unternehmen habe das Thema zwar erörtert, sei aber zu dem Schluss gekommen, dass man besondere Vertriebsinitiativen nicht brauche.
Doch es gibt Ausnahmen. Der zum Verbund der Volks- und Raiffeisenbanken gehörende Versicherer R+V hat im Frühjahr eine Kampagne gestartet, in deren Mittelpunkt Frauen und ihre Altersvorsorge stehen. „Die Materialien für Frauen sind anders, aber nicht die Produkte“, erklärt Daniela Steinle von R+V. Sie gibt bundesweit in den Filialen Seminare speziell für Frauen. Die Mitarbeiterinnen beobachten die Veranstaltungen, um selbst Vorträge zu geben. Zudem hat das Unternehmen im Internet spezielle Informationsseiten für Frauen eingerichtet.
Die Anregung für die Kampagne kam von den Vertriebsmitarbeiterinnen selbst. Sie machen rund ein Viertel der insgesamt rund 4500 Beschäftigten im Vertrieb der R+V aus. Sie hatten festgestellt, dass sich Frauen zu wenig mit dem Thema Altersvorsorge befassen und wenig investieren. Nach den Erfahrungen von Steinle mögen es die Kundinnen, von Frauen beraten zu werden. „Männer neigen dazu, Frauen zu überrollen und mit Informationen zu überschütten“, sagt sie.
Wie in diesem Fall geht es meist nicht um den Verkauf von Frauenprodukten, sondern um eine gezieltere Ansprache. „Das Gespräch von Frau zu Frau hat gleich eine ganz andere Beziehungsebene“, sagt Karl Pfister, Vertriebsvorstand bei Generali. Der Versicherer hat sogar einen eigenen Vertriebszweig aufgebaut, der nur aus Vertreterinnen besteht. Die knapp 100 Mitarbeiterinnen des Frauenfinanzvertriebs verteilen an Kundinnen spezielles Werbematerial, sind auf Lifestylemessen und in Kindergärten unterwegs.
Die Verträge unterscheiden sich auch hier nicht von denen für Männer, aber die Frauen zeigen ein größeres Interesse. „Die Kundin akzeptiert die Beraterin stärker“, sagt Pfister. Im ersten Halbjahr 2009 hat der Spezialvertrieb des Versicherungskonzerns mehr als 20 Mio. Euro Beitragssumme im Neugeschäft eingebracht, bis Ende des Jahres sollen es 50 Mio. Euro sein.
Auch der Wieslocher Finanzvertrieb MLP spricht Kundinnen direkt an. In rund einem Dutzend Städte haben MLP-Mitarbeiterinnen sogenannte Women’s Business Clubs gegründet. Die Idee: Frauen mit ähnlichem Anspruchsniveau und Interessen können sich auf Einladung von MLP austauschen und Kontakte knüpfen. „Dabei geht es sowohl um die Kundinnenbindung als auch um die Neugewinnung von Kundinnen“, sagt ein MLP-Sprecher. Außerdem gibt der Finanzvertrieb alle drei Monate ein spezielles Magazin für Frauen heraus.
Ein ähnliches Konzept verfolgt die Conrad Hinrich Donner Bank mit dem Angebot Donner’s Exclusive. Das besteht aus einer frauenspezifischen Beratung und zusätzlich aus mehreren Veranstaltungen, bei denen nicht nur Finanzthemen besprochen, sondern auch kulturelle und berufliche Tipps gegeben werden. Das zur Signal Iduna Gruppe gehörende Bankhaus will damit für seine Kundinnen ein Netzwerk schaffen, das über die eigentliche Geschäftsbeziehung hinausgeht. „Auf Wunsch können wir Beratungsgespräche auch von Frau zu Frau führen“, sagte Christiane Froböse, Beraterin der Bank. Auch die Privatbank Merck, Finck & Co vermittelt bei Interesse Beraterinnen für das Gespräch.
Vom Erfolg der Initiativen hängt ab, ob weitere Finanzdienstleister gezielte Beratungsangebote starten. „Es kann sein, dass das Thema wieder aufgegriffen wird. Aber nicht auf kurzfristige Sicht“, sagt eine Sprecherin der Allianz Leben.
Quelle: Financial Times Deutschland
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