Viele Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Policen an. Verbraucherschützerraten zu sorgfältiger Prüfung
Eine Zeit lang gehörten Piloten wie Hochseilartisten oder Löwendompteure zu den Exoten. Zumindest sahen das die Versicherer so. Keine Gesellschaft wollte den Flugzeugführern Deckung geben, als die Luftfahrt noch in den Kinderschuhen steckte. Zu hoch schienen die Gefahren, zu unkalkulierbar die Risiken.
Heute kann es für Piloten ganz einfach sein, sich gegen Unfälle oder Berufsunfähigkeit zu versichern. Bei der Lufthansa bietet etwa ein firmeninterner Makler Policen für verschiedene Risiken an. „Mit der Betreuung der Lufthanseaten durch einen firmeninternen Makler stellen wir sicher, dass sie eine ganzheitliche Beratung zu Versicherungsthemen erhalten“, sagt Peter Hoffmann, Geschäftsführer des Versicherungsdienstes Albatros, der zur Lufthansa gehört.
Die Fluglinie ist keine Ausnahme. „Viele Firmen bieten private Versicherungen für die Belegschaft an, weil sie dadurch für Angestellte als Arbeitgeber attraktiver werden“, sagt Dietmar Kierdorf, Leiter Vertrieb Belegschaftsgeschäft beim Versicherer HDI. Die Angebote reichen oft über die obligatorische betriebliche Altersvorsorge hinaus. Wer seine Krankenversicherung wechseln oder eine Haftpflichtpolice abschließen möchte, kann dies auch über seinen Arbeitgeber tun. Denn die Beiträge sind mitunter günstiger als auf dem freien Markt.
Die meisten deutschen Großunternehmen offerieren ihren Mitarbeitern private Versicherungen. „Kleine und mittelgroße Unternehmen haben noch Nachholbedarf“, sagt Kierdorf. Der Verkauf kann über einen firmenverbundenen Vermittler oder eine interne Abteilung laufen. Firmenverbundene Vermittler sind Tochtergesellschaften des Unternehmens und haben den Vorteil, dass die Firma die Provisionen selbst kassieren kann. Bei der Telekom ist das die DeTe Assekuranz, beim Autokonzern Volkswagen der VW Versicherungsdienst und bei der Lufthansa Albatros.
Um die Angebote publik zu machen, können die Vermittler an Personalversammlungen teilnehmen und die firmeninterne Infrastruktur nutzen. „Über das Intranet bekommen unsere Angestellten regelmäßig Informationen zu den einzelnen Möglichkeiten“, sagt Hoffmann von Albatros. „Wollen sie ein speziell auf sie zugeschnittenes Angebot, können sie sich von einem unserer Berater helfen lassen.“ Ihn können die Angestellten auch im Schadensfall ansprechen. Das hat aber auch Nachteile. Schaltet der Mitarbeiter zunächst den firmenverbundenen Makler ein, könnte der Arbeitgeber von dem Schaden erfahren. Wer nicht will, dass private Daten an seinen Chef weitergeleitet werden, sollte den direkten Weg zum Versicherer wählen.
Vor Datenlecks warnt auch Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. „In den vergangenen Monaten ist es häufiger vorgekommen, das Arbeitgeber oder Dienstleister die Daten von Mitarbeitern oder Kunden weitergegeben haben, etwa um Versicherungen zu verkaufen, sodass das auch in Zukunft nicht ausgeschlossen ist.“
Für Menschen mit Vorerkrankungen kann sich eine Police vom Arbeitgeber durchaus lohnen. Denn die Anbieter verzichten auf eine detaillierte Risikoprüfung, etwa bei Kranken- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen. Auch für den Versicherer rentiert sich das Geschäft mit der Belegschaft. „Durch die Vereinbarungen mit dem Unternehmen haben wir eine recht homogene Risikogruppe“, sagt HDI-Mann Kierdorf. Wer den gleichen Beruf ausübt, habe häufig ähnliche und damit besser kalkulierbare Risiken. „Dadurch ist die Schadenquote im Belegschaftsgeschäft geringer als im Privatkundengeschäft“, sagt er.
Die niedrige Schadenquote hat aber auch einen anderen Grund. Kaufen die Mitarbeiter im Betrieb, melden sie weniger Schäden. „Wenn die Angestellten ihre Police über den Arbeitgeber abgeschlossen haben, sind sie gegenüber dem Versicherer ehrlicher“, sagt Kierdorf. Eine echte Win-win-Situation für Mitarbeiter und Versicherungsgesellschaft. „Der Kunde hat etwas davon, weil er günstige Prämien und eine gute Betreuung hat, und der Versicherer hat auch sein Auskommen“, bestätigt Gregor Köhler, Vorstandssprecher der Bayer-Tochter Pallas Versicherungen.
Doch die Policen haben auch ihre Schwachstellen. „Häufig machen sich die Unternehmen keine große Mühe, die für den Einzelnen wirklich günstigsten Angebote auszuwählen“, sagt Rudnik. „Die Policen des Arbeitgebers sind dann oft trotz der Gruppenrabatte nicht billiger.“ Kunden sollten deswegen immer noch andere Angebote einholen. Manchmal seien in den Verträgen überflüssige Leistungen enthalten, wie die zusätzliche Unfallkrankenhaustagegeldversicherung bei einer Unfallversicherung. „So etwas macht die Police nur teuer“, sagt Versicherungsexperte Rudnik.
Das ist nicht der einzige Haken. Wechselt der Angestellte seinen Arbeitsplatz, bringt das oft zusätzliche Nachteile. Zwar kann er den Vertrag mitnehmen und privat weiterführen. „Dann wird neu verhandelt“, sagt Kierdorf. Genau das kritisiert Rudnik. „Bei einem Arbeitsplatzwechsel werden die Konditionen häufig schlechter, und der Versicherungsschutz wird teurer.“
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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