Die Industrie lobt die reibungslose Abwicklung der staatlichenErgänzungspolicen für Kreditversicherungen. Aber das Interesse daran ist gering.Sie sind zu teuer, und es gibt Alternativen für die Firmen
Nach vielen Monaten harscher Kritik aus der Industrie an den Kreditversicherern wird die Tonlage freundlicher, ja geradezu überschwänglich. „Überraschend gut gelungen“ findet der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung Andreas Möhlenkamp die Umsetzung des staatlichen Bürgschaftsprogramms für die Warenkreditversicherung. „Es läuft handwerklich außerordentlich gut“, sagt er. Angesichts der Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sei das alles andere als selbstverständlich. Dort nämlich blieben einwandfreie Anträge seit vergangenem September liegen. „Ich kenne kein einziges Unternehmen, das die Kriterien erfüllt und dennoch die staatliche Deckung in der Kreditversicherung nicht bekommen hat“, sagt Möhlenkamp, dessen Verband mehr als 4000 Unternehmen repräsentiert.
Wer die Zusatzdeckung haben will, bekommt sie also prompt und reibungslos. Für die Umsetzung sind die Kreditversicherer zuständig, die gegen die Einführung der Staatsbürgschaften waren. „Die Furcht unserer Mitglieder, dass sie blockieren würden, hat sich nicht bestätigt“, sagt Möhlenkamp. Allerdings wollen gar nicht viele die staatlichen Ergänzungspolicen. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums hatten Firmen bis Ende Februar 245 sogenannter Top-up-Verträge für Kreditversicherungen abgeschlossen.
Mit Warenkreditversicherungen decken Unternehmen das Risiko ab, auf offenen Rechnungen sitzen zu bleiben, weil der Kunde zwischen Lieferung und Zahlungsziel pleitegegangen ist. Durch die Krise sind die Schäden für die Kreditversicherer stark gestiegen, entsprechend zurückhaltend sind sie bei der Übernahme von Risiken. Häufig verweigern sie einen Vertrag nicht komplett, sondern reduzieren die Deckungssumme, das sogenannte Limit. Dann steigt im Schadenfall die Eigenbeteiligung des Lieferanten. Kürzt der Versicherer das Limit von 80 Prozent auf 40 Prozent, bleibt das Unternehmen also bei einer Pleite des Kunden auf 60 Prozent seiner Forderung sitzen.
Im vergangenen Jahr haben viele Industrieverbände den Versicherern lautstark vorgeworfen, die Krise durch ihr restriktives Zeichnungsverhalten zu verstärken. Denn fehlender Versicherungsschutz kann sich schlecht auf die Liquidität von Unternehmen auswirken, etwa weil Hersteller nur noch gegen Vorkasse liefern. Die Politik hat auf die Klagen der Industrie reagiert und im Herbst eine staatliche Ergänzungspolice eingeführt. Über sie bürgt der Staat für Empfänger von Lieferungen innerhalb Deutschlands, doch nur, wenn auch ein Kreditversicherer an Bord ist. Lehnen Euler Hermes, Atradius, Coface, R+V oder Zurich ein Risiko ganz ab, übernimmt auch der Staat keine Deckung.
Seit Dezember können Unternehmen die Zusatzpolice kaufen. Der Staat stellt aus dem Wirtschaftsfonds Deutschland sage und schreibe 7,5 Mrd.Euro für die Ergänzung gekürzter Warenkreditversicherungen bereit. Das wurde bislang nicht ansatzweise ausgeschöpft. Die 245 abgeschlossenen Verträge haben einen Bürgschaftsrahmen von 34 Mio.Euro.
Die Versicherer sind der Meinung, dass es für eine Bewertung des Programms noch zu früh ist. „Noch ist die Nachfrage nicht so angesprungen, wie viele es erwartet haben“, sagt Marita Kraemer, Vorstandsmitglied des Versicherers Zurich. „Aber das kann noch kommen.“ Nehmen die Banken nach Vorlage schlechter Bilanzen Liquidität vom Markt, könnte das den Top-up-Deckungen einen Kick geben, glaubt sie.
Hauptgeschäftsführer Möhlenkamp dagegen findet, dass das Programm erfolgreich gestartet ist. „Die Zahl der Abschlüsse ist in Ordnung“, sagt er. Dass viele Unternehmen keinen Antrag stellen, führt er auf den relativ hohen Preis für die Zusatzdeckung zurück. Die Police kostet 2,88 Prozent der Bürgschaftssumme plus Versicherungssteuer. Bei privaten Verträgen richtet der Preis sich nach Umsatz und jeweiligem Risiko, das ist in der Regel billiger. Außerdem hätten viele Lieferanten sich nach Alternativen umgetan, nachdem die Kreditversicherer ihnen die Policen gekündigt hatten. Dazu gehören die Verkürzung der Zahlungsziele oder der Aufbau eines eigenen Frühwarnsystems.
Anders als für den Verbandsfunktionär und die Versicherer steht für Makler bereits fest, dass das Projekt Top-up-Deckung gescheitert ist. „Das ist ein Flopp“, sagt Herbert Hartwig vom Kreditversicherungsmakler Gossler, Gobert & Wolters (GGW). „Der Markt nimmt die Policen nicht auf.“ Schließlich könnten Unternehmen auch von privaten Anbietern eine Top-up-Deckung beziehen. Die GGW-Gruppe arbeitet dazu mit der belgischen TC Re zusammen, Konkurrent Aon Jauch & Hübener mit dem Versicherer Ace. In der jetzigen Form gibt Hartwig den Staatspolicen keine Chance: „Das Thema wird sich totlaufen.“ Das glaubt auch der Kreditversicherungsmakler Dirk Bedenbecker: „Die Nachfrage hätte Anfang des Jahres da sein müssen. Jetzt wird nicht mehr viel kommen.“
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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