Firmen wollen höhere Zahlungen an den Pensions-Sicherungs-Verein boykottieren
Auf den Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) rollt eine Prozesswelle zu, weil viele Unternehmen die extrem gestiegenen Beiträge nicht zahlen wollen. Das IT-Unternehmen IBM ist bereits vor Gericht gezogen. Allein der Berliner Anwalt Utz Andelewski von der Kanzlei Salans LLP hat 20 Mandanten, die gegen den Beitragsbescheid des PSV vorgehen werden. „Eine ganze Reihe weiterer Firmen erwägt ebenfalls diesen Schritt“, sagte er der FTD. Auch um den Bocholter Geschenkeartikelhersteller Gilde Handwerk Macrander sammeln sich PSV-kritische Firmen.
Heute findet in Köln die Mitgliederversammlung des Vereins statt, dem 76 000 Unternehmen angehören. Betriebe, die Beschäftigten eine Betriebsrente zusagen, müssen beitreten. Gehen sie pleite, übernimmt der PSV die Verpflichtungen. Finanziert wird das im Umlageverfahren. Je mehr Pleiten es gibt, desto höher ist der Beitragssatz. 2009 stiegt er aufgrund der Pleitewelle auf 14,2 Promille des geschützten Betriebsrentenvolumens – nach 1,8 Promille im Vorjahr. Um die Belastung zu verteilen, hat der PSV die Zahlungen auf mehrere Jahre gestreckt. Die Alternative wäre der Griff in einen Ausgleichsfonds gewesen.
Für die Betriebe ist das richtig teuer. IBM muss eine Zusatzbelastung von 120 Mio. Dollar (95,73 Mio. Euro) schultern. Das Unternehmen sichert die Rücklagen für die Betriebsrenten besonders ab und will deshalb weniger zahlen. Weil der PSV den Widerspruch gegen den Beitragsbescheid abgewiesen hatte, hat IBM geklagt.
Das wird kein Einzelfall bleiben, ist Anwalt Andelewski überzeugt. Seine Mandanten legen im Juli Widerspruch gegen den Beitragsbescheid ein und ziehen vor Gericht, wenn der PSV ihn wie erwartet ablehnt. Sie fordern, dass der PSV den Beitrag mit Mitteln aus dem Ausgleichsfonds senkt. Außerdem wollen auch sie, dass das individuelle Ausfallrisiko berücksichtigt wird. Seit Jahren schwelt die Diskussion über eine stärkere Risikogewichtung bei der Beitragsbemessung – bislang aber ohne Ergebnis.
Der PSV hält Klagen für Einzelfälle. „Wir sind fest davon überzeugt, dass sie keinen Erfolg haben“, sagte PSV-Vorstand Martin Hoppenrath. Die Kläger verwechselten die Diskussion um die Reform der Beitragsbemessung und die geltende Gesetzeslage. Hoppenrath verteidigte, dass der PSV bislang nicht in den Ausgleichsfonds gegriffen hat. „Nur ein schlechter General schickt alles, was verfügbar ist, in die erste Schlacht“, sagte er.
Anders als die meisten anderen hat ein PSV-Kritiker sein Erscheinen bei der heutigen Versammlung angekündigt. Wilhelm Seggewiß, der kaufmännische Leiter von Gilde Handwerk Macrander, hat den Verein „PSVaG-Nein-Danke“ gegründet. Der hat zwar nur 35 Mitglieder. Aber als Nebenerwerbslandwirt ist Seggewiß in Erinnerung, wie wenige Bauern gegen die Zwangsmitgliedschaft in der Marketinggesellschaft CMA zu Felde zogen – und sie damit zu Fall brachten.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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