Rechtsschutzversicherung und Prozessfinanzierer zahlen nicht jeden Gang vorsGericht. Rechner im Internet helfen Anlegern, die Kosten abzuschätzen
VON Friederike Krieger
Schiffsfonds, die frisches Kapital von Anlegern fordern, Immobilienfonds, die vor der Zahlungsunfähigkeit stehen, Hybridanleihen, die plötzlich keine Zinsen mehr zahlen – viele Anleger haben in der Krise Geld verloren und ziehen vor Gericht. Doch ein Prozess kann teuer werden. Kosten von mehreren Tausend Euro sind keine Seltenheit.
Auch wer eine Rechtsschutzpolice hat, ist nicht vor Ausgaben gefeit. Aus dem Leistungsspektrum ausgeschlossen sind fast immer Scheidungs-, Erb- und Baurechtsstreitigkeiten. Auch Prozesse um Kapitalanlagen sind nicht immer abgedeckt. „Einige Versicherer bieten es an, aber längst nicht alle“, sagt Hajo Köster vom Bund der Versicherten. Häufig zahlen sie nicht bei Streitigkeiten wegen Verlusten aus spekulativen Anlagen wie Optionsgeschäften. Auch Anleger, die bei Beginn der Auseinandersetzung noch keine Police hatten, können nicht auf eine Übernahme der Verfahrenskosten hoffen. Für einen Streit vor Vertragsabschluss oder innerhalb der meist dreimonatigen Wartezeit kommen die Gesellschaften meist nicht auf.
Das bedeutet Hochkonjunktur für Prozessfinanzierer. Sind die Erfolgsaussichten eines Verfahrens hoch, übernehmen die Unternehmen gegen eine Erfolgsbeteiligung die Kosten für den Gang vor Gericht. „Durch die Krise erhalten wir mehr Anfragen aus dem Bereich Kapitalanlagerecht“, sagt Gerrit Meincke von Foris. Das Unternehmen finanziert unter anderem Sammelklagen der österreichischen Verbraucherschutzorganisation VKI gegen den Finanzvertrieb AWD wegen angeblicher Falschberatung.
Prozessfinanzierer übernehmen aber nicht jeden Fall. Foris verlangt einen Mindeststreitwert von 200 000 Euro. Die Firma lehnt aber auch dann viele Anfragen ab, wenn die Beweislage zu unsicher ist, Ansprüche verjährt sind oder die Gegenseite nicht zahlungskräftig ist.
Wer keine Rechtsschutzpolice hat und auch keinen Prozessfinanzierer für sich begeistern kann, dem helfen Prozesskostenrechner zumindest, das finanzielle Risiko eines Streites vor Gericht abzuschätzen. Prozessfinanzierer, Rechtsschutzversicherer und Anwälte bieten solche Programme kostenlos im Internet an. „Damit lässt sich ausrechnen, ob sich ein Prozess lohnt“, erklärt Meincke. Beim Rechner von Foris muss der Kläger den Streitwert eingeben und erhält eine Übersicht über die Kosten aller drei Instanzen. Wer seinen Anlageberater über drei Instanzen auf 50 000 Euro verklagt, muss mit Kosten von 28 270 Euro für das Gericht, den eigenen und den gegnerischen Anwalt rechnen, falls er den Prozess verliert. Wenn er gewinnt, trägt die Gegenseite die Kosten. Oft enden Prozesse aber in einem Vergleich, dann werden die Gebühren verteilt. Der Foris-Rechner bietet eine Übersicht, zu wie viel Prozent sich der Mandant mit seiner Forderung durchsetzen muss, damit sich der Prozess lohnt. Bei 50 000 Euro Streitwert muss das Gericht dem Kläger in der ersten Instanz gut 13 Prozent der Summe zusprechen, sonst wird der Gang vor den Kadi zum Minusgeschäft.
„Der Rechner ist sehr übersichtlich, bildet die Kosten aber nicht vollständig ab“, moniert Udo Henke vom Deutschen Anwaltverein (DAV). Außergerichtliche Anwaltskosten sind nicht enthalten. „Die meisten Mandanten klagen aber nicht sofort, sondern versuchen erst, ihre Ansprüche mithilfe eines Anwalts außergerichtlich durchzusetzen“, erklärt er. Vollständiger ist der Prozesskostenrechner der Allianz Prozessfinanz. Neben außergerichtlichen Kosten lassen sich auch weitere Details wie eine Einigungsgebühr bei der Kalkulation berücksichtigen. Sie entsteht, wenn die Parteien einem Vergleich zustimmen, bevor das Gericht ein Urteil spricht. Die Anwälte erhalten dann einen Gebührenzuschlag. Im Gegensatz zu Rechnern anderer Anbieter lässt sich das Honorar für den Rechtsbeistand bei der Allianz nicht nur nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz berechnen. „Auch Stundenhonorare oder Erfolgshonorare werden abgebildet“, sagt eine Sprecherin. Die vielen Stellschrauben machen den Rechner allerdings recht unübersichtlich. „Ohne Gebührenrechtskenntnisse wird der Nutzer Probleme bekommen“, sagt DAV-Experte Henke.
Wie die meisten Rechner gibt das Programm nur Auskunft über die Kosten von Zivilgerichtsprozessen. Ausgaben für Strafverfolgung und für Klagen vor Arbeits-, Verwaltungs- und Sozialgerichten kann es nicht abbilden.
Viele Rechner klammern die Kosten für Sachverständigengutachten und die Vorladung von Zeugen aus. „Sie können einen Prozess enorm verteuern“, sagt Henke. In einem Prozess um medizinische Fehlbehandlung schlägt ein Gutachter schnell mit einem vierstelligen Betrag zu Buche. Zudem ist die genaue Höhe des Streitwerts, nach dem sich Gerichts- und Anwaltskosten berechnen, im Vorfeld des Prozesses meist noch unklar. Henke betont: „Die Rechner eignen sich nur für sehr einfach gelagerte Fälle.“
www.ftd.de/prozesskosten
Rechner für Zivilgerichtsprozesse
Quelle: Financial Times Deutschland
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