Die Leistungen der privaten Krankenkassen gelten als die besten. Für Paaremit Kindern können die gesetzlichen Anbieter jedoch attraktiver sein – wegen dergeringeren Kosten
Gesundheitsminister Philipp Rösler will den Wettbewerb zwischen privaten Krankenversicherern (PKV) und den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) ankurbeln. Arbeitnehmer sollen es künftig wieder leichter haben, in die PKV zu wechseln. Seit 2007 können sich Angestellte erst dann privat versichern, wenn sie länger als drei Jahre nacheinander mehr als 49 950 Euro jährlich verdienen. Rösler will diese Frist auf ein Jahr verkürzen. Darüber hinaus prüft die Koalition, wie sie PKV und GKV einander annähern kann. Während die Politik noch diskutiert, ob private Anbieter künftig stärker mit den Kassen kooperieren können, ist die verkürzte Wartefrist schon beschlossene Sache.
Der leichte Wechsel scheint für viele gut verdienende Erwerbstätige verlockend. Schließlich gelten die privaten Kassen allgemein als die Anbieter, die ihren Kunden umfassendere und großzügigere Leistungen bieten als die gesetzlichen, bei denen die Versicherten seit Jahren immer mehr selbst bezahlen müssen. „Die Kassen übernehmen immer weniger Kosten für ihre Versicherten“, sagt Clemens Keller, Leiter des Bereichs Krankenversicherung beim Vertrieb MLP.
Gesetzlich Versicherte sollten den Wechsel dennoch gut abwägen. Denn nicht immer sind die Tarife der Privaten besser als die der Kassen. Gerade bei Angestellten mit Familie punktet die GKV mit Leistungen, die private Anbieter nicht im Katalog haben.
Größter Vorteil: die beitragsfreie Mitversicherung von Familienmitgliedern. Sind Vater und Mutter gesetzlich versichert, profitiert auch der Nachwuchs so lange kostenlos vom Schutz, bis er selbst erwerbstätig ist, jedoch maximal bis zum 25. Lebensjahr. Ehepartner und Kinder ohne Einkommen nehmen die Kassen ohne Aufpreis in den Vertrag auf. In der PKV dagegen muss jedes Familienmitglied Prämien bezahlen. „Allein aus diesem Grund sollten sich Gutverdiener, die vielleicht noch eine Familie gründen wollen, den Wechsel in die PKV gut überlegen“, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. Ein weiteres Plus der GKV: Kinder müssen sich keiner Gesundheitsprüfung unterziehen, um in die Familienversicherung aufgenommen zu werden.
In der PKV hingegen bekommt ein Kind ohne einen ausführlichen Gesundheitscheck nur den Versicherungsschutz, den auch die Eltern für sich vereinbart haben. Zusätzliche Leistungen müssen sie in den Vertrag aufnehmen und extra dafür bezahlen.
Dafür haben Privatversicherte die Garantie, dass die Leistungen übernommen werden. „Private Anbieter sind verpflichtet, für alle im Vertrag aufgeführten Leistungen aufzukommen“, sagt Keller von MLP. Eltern könnten bei der Behandlung des Nachwuchses etwa den Arzt frei auswählen. Je nach Vertrag übernehmen viele Anbieter auch Sehhilfen für den Nachwuchs oder kommen komplett für die kieferorthopädische Behandlung auf. Selbst wenn die gesetzliche Konkurrenz solche Dienste anbietet, einen Anspruch darauf, dass dies so bleibt, haben die Versicherten nicht. Nach Ansicht von Keller sind Familien daher bei privaten Anbietern besser aufgehoben.
Für die gesetzlichen Kassen sprechen dagegen die besseren Leistungen, die werdende Mütter während der Schwangerschaft erhalten. „Sie sind in der Zeit des Mutterschutzes, also sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, beitragsfrei gestellt“, sagt Kai Kirchner von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland. Zudem bekommen die Frauen in der Schonfrist das sogenannte Mutterschaftsgeld. Maximal 13 Euro pro Tag oder 385 Euro pro Monat zahlt die Kasse. „Wenn die Frau berufstätig ist, trägt die Differenz zum Einkommen der Arbeitgeber“, sagt Claudia Widmaier vom GKV-Spitzenverband. In der PKV bezahlen Schwangere weiterhin Prämien. Sie bekommen nur eine Einmalzahlung von 210 Euro, die sie beim Bundesversicherungsamt beantragen müssen. Das Geld dafür kommt vom Staat.
Auch bei der Betreuung kranker Kinder schneidet die GKV besser ab. Muss ein Elternteil wegen der Pflege des Kindes zu Hause bleiben, erhalten gesetzlich Versicherte zur Abfederung des Lohnausfalls das sogenannte Kinderkrankengeld. Es orientiert sich am Einkommen. „Für die Dauer von maximal zehn Tagen pro Kind und Partner zahlt die Kasse 70 Prozent des beitragspflichtigen Bruttolohns, maximal 90 Prozent des Nettolohns von dem Elternteil, der zu Hause bleibt“, sagt Widmaier. „Dieser Anspruch besteht in der PKV nicht.“ Das Kind muss aber unter zwölf Jahre alt sein, für ältere Kinder gibt es nichts.
Erkrankt ein Elternteil ernsthaft und muss zur Rehabilitation, haben gesetzlich Versicherte gar ein Recht auf eine Haushaltshilfe, die sich um Kinder und Hausarbeit kümmert. Die Kasse stellt den Kontakt her.
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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