Aus der angekündigten Einführung der obligatorischen Pflegezusatzpolice wirdwohl nichts
Eigentlich wollte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) richtig loslegen mit der Reform der Pflegeversicherung. Noch im November kündigte er an, dass 2011 der Umbau ganz oben auf seiner Aufgabenliste stehe. Der Minister verwies auf die Schwächen der umlagefinanzierten Pflegeversicherung.
Inzwischen kommen aus Berlin aber ganz andere Signale. „Die Finanzierung steht ganz hinten am Ende einer Reihe von Gesprächen, die jetzt stattfinden sollen“, sagt Roland Jopp, Sprecher im Bundesgesundheitsministerium. „Bei den anstehenden Beratungen zur Pflege soll es zunächst darum gehen, wie wir angesichts des Fachkräftemangels die Pflege verbessern können.“
Die schwarz-gelbe Koalition geht wie die meisten Experten davon aus, dass wegen der Alterung der Gesellschaft und steigender Ausgaben künftig die Einnahmen aus der sozialen Pflegeversicherung nicht mehr reichen werden. Sie hat im Koalitionsvertrag die Einführung einer verpflichtenden Zusatzpolice mit Kapitalstock für alle Versicherten festgelegt. Damit sollen die vermeintlich drohenden Milliardenlöcher in den Pflegekassen gestopft werden.
Unklar ist, ob Rösler das ehrgeizige Projekt umsetzen kann. Eine Prognose seines eigenen Ministeriums zur Entwicklung der Beitragssätze in der Pflege könnte ihn in die Bredouille bringen. Demnach wird sich der Anteil, den Arbeitnehmer derzeit in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen, bis 2014 von heute 1,95 Prozent auf 2,1 Prozent des Monatseinkommens erhöhen. Das ist wenig und lohnt kaum den Aufwand, den die Einführung eines Kapitalstocks mit sich bringen würde. Auch der Koalitionspartner CSU wehrt sich gegen die Pläne. Der CSU-Politiker und Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag Johannes Singhammer mahnt an, dass die Bürokratiekosten in einem angemessenen Verhältnis zu den Beiträgen stehen müssen.
Angesichts der vielen Unsicherheiten stehen Krankenkassen und private Krankenversicherer der obligatorischen privaten Pflegeversicherung zurückhaltend gegenüber. Vor allem die privaten Anbieter hatten sich von der Einführung ein Riesengeschäft versprochen. Jetzt wollen sie die Neuregelungen aus Berlin abwarten, bevor sie Geld in die Hand nehmen, um ihr Angebot auszubauen. „Wir diskutieren mögliche Finanzierungsmodelle“, sagt Sybille Schneider, Sprecherin der DKV Krankenversicherung, die zur Munich-Re-Tochter Ergo gehört. „Aber zuvor muss der gesetzliche Rahmen klar sein.“
Die Kassen wollen auch erst einmal beobachten, wie sich die Lage in Berlin entwickelt. „Derzeit sind so viele Vorschläge in der Diskussion“, sagt DAK-Sprecher Frank Meiners. „Wir warten ab, ob die Reform überhaupt zustande kommt.“
Anne-Christin Gröger
Quelle: Financial Times Deutschland
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