Die Preise für Industriepolicen sinken weiter. Nur ein Großschaden könnte denMarkt drehen
Friederike Krieger
Die Preise in der Industrieversicherung sind im Keller. Trotzdem haben viele deutsche Konzerne weitere Nachlässe für ihre Deckung bei der Vertragserneuerung für das Jahr 2011 erzielen können – auch wenn sie nicht mehr so stark ausgefallen sind wie in der Vergangenheit. „Wir sind in diesem Jahr wieder angegriffen worden, aber spürbar weniger heftig als noch vor zwölf Monaten“, sagt Walter Tesarczyk, Vorstandsmitglied der Allianz Versicherung. Unternehmen mit wenig Schäden hätten Preisnachlässe zwischen fünf und zehn Prozent erreicht. Die meisten Verträge werden jährlich zum 1. Januar neu verhandelt.
Ob geringere Prämienreduktionen ein Anzeichen für eine Trendwende sind, ist allerdings fraglich. Die Preise in der Industrieversicherung sinken seit 2005. „Bei den Kfz-Flotten haben wir nur noch 80 Prozent des Beitragsniveaus, das wir damals hatten“, sagt Tesarczyk. Der Wettbewerb um Geschäftskunden ist hart. Es buhlen nicht nur große Industrieversicherer wie HDI-Gerling und Allianz um sie, sondern auch kleinere Anbieter wie R+V und Gothaer. Zudem zeichnen Rückversicherer wie Munich Re gerne direktes Industriegeschäft.
Dass die Prämien stark unter Druck sind, liege aber nicht nur an den Versicherern, sagt Christian Hinsch, Vorstandsvorsitzender von HDI-Gerling Industrie. „Einige Makler sind sehr aggressiv im Markt unterwegs“, sagt er. „Um ein neues Mandat zu gewinnen, versprechen sie Unternehmen pauschal eine Senkung der Prämien, ohne überhaupt ein entsprechendes Angebot eines Versicherers in der Hand zu haben.“ Dann setzten sie den Gesellschaften die Pistole auf die Brust und drohten, mit ihren Kunden zu einem anderen Versicherer abzuwandern, wenn die Anbieter nicht mitspielen. „Dieses Verhalten ist ein typischer Indikator für die Endphase des weichen Marktes“, sagt Hinsch. So nennen die Versicherer eine Periode niedriger Preise. Ob es bald zu Prämienerhöhungen kommt, hänge von der Schadenentwicklung ab. Durch den Aufschwung nehmen die Schäden wieder zu. „Es steigen zwar auch die Prämieneinnahmen, aber wahrscheinlich erst 2012/2013“, sagt Hinsch. Die höheren Schäden würden sich früher bemerkbar machen. „Für eine echte Trendwende bedarf es aber eines besonders großen Schadens.“
Philipp Andreae, Geschäftsführer des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands, glaubt nicht an steigende Preise. Er vertritt die Interessen der versicherungsnehmenden Wirtschaft. „Ein Ende des weichen Marktes ist derzeit nicht absehbar. Vieles spricht für eine noch anhaltende Seitwärtsbewegung“, sagt er.
Nicht in allen Bereichen sind die Preise im Keller. „Auf konstant gehobenem Prämienniveau verharren in der Regel Policen von Pharma- und Chemieunternehmen sowie Rückrufdeckungen“, sagt Andreae. Die Versicherungsbedingungen sind aus Sicht der Industrie trotzdem nicht immer zufriedenstellend. Der Autohersteller Daimler hat vor Kurzem die Streichung der Erprobungsklausel in Produktrückrufpolicen gefordert. Nach ihr müssen Versicherer nicht für einen Rückruf zahlen, wenn ein Produkt nicht ausreichend getestet wurde. Da nirgends festgeschrieben ist, was das bedeutet, führt die Klausel zu Diskussionen. „Der Versicherer versucht nachzuweisen, dass das Produkt nicht nach den Regeln der Technik und Wissenschaft erprobt wurde und man gerät in Streit darüber, ob die Erprobung ausreichend war“, sagt Dirk Wegener von Daimler Insurance Services.
Quelle: Financial Times Deutschland
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