Die Assekuranz nimmt hohe Schäden sowie ein neues BGH-Urteil zum Anlass fürSanierungen und fordert zum Teil sofortige Zuschläge auf die Prämie
Friederike Krieger und
Katrin Berkenkopf
Im Flottengeschäft beschwören die Autoversicherer nach Jahren niedriger Prämien wieder einmal die Trendwende herbei. Doch diesmal verdichten sich die Anzeichen, dass sie es wirklich ernst meinen. Einige Gesellschaften verärgern die Kundschaft mit unterjährigen Sanierungen.
„Ich sehe ganz klar einen Trend zur Verhärtung des Marktes“, sagt Stefan Beckmeyer, Leiter Kraftfahrtversicherung bei HDI-Gerling Industrie. Der massive Wintereinbruch 2010 und der zwischenzeitliche wirtschaftliche Aufschwung haben die Schäden in den Fuhrparks großer Firmen stark nach oben getrieben. Deshalb könnten die Versicherer höhere Preise verlangen, sagt Beckmeyer. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft rechnet in diesem Jahr mit höheren Einnahmen im Flottengeschäft. Er schätzt, dass die Bruttoprämien um 3,4 Prozent auf 2,5 Mrd. Euro steigen werden.
Einige Versicherer wenden besonders rabiate Methoden an, um ihren Sanierungsforderungen Nachdruck zu verleihen. Obwohl die Verträge meist zum Jahreswechsel neu verhandelt werden, verlangen sie von ihren Kunden schon vorher Zuschläge.
Weigern sich die Betriebe, drohen die Versicherer, schadenträchtige Fahrzeuge zu kündigen. „Vor allem bei Unternehmen, die Anhänger vermieten, bemühen sich manche Versicherer schon unterjährig, die Prämien neu zu verhandeln“, sagt Rüdiger Barth, Kfz-Experte des Versicherungsmaklers Aon. Grund ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs von Ende Oktober 2010. Wenn bisher ein Lkw mit Anhänger in einen Unfall verwickelt wurde und Schäden bei Dritten anrichtete, zahlte fast immer allein der Haftpflichtversicherer des Lkw. Laut dem Urteil wird jetzt auch der Haftpflichtversicherer des Anhängers zur Kasse gebeten. Er soll die Hälfte des Schadens übernehmen.
Um der neuen Schadenaufteilung gerecht zu werden, müssen die Gesellschaften die Haftpflichtprämien für Anhänger und Zugmaschinen neu kalkulieren. Bei den Anhängern, die bisher sehr günstig zu versichern waren, erwartet Barth starke Preissteigerungen. „Einige Versicherer verlangen einen Aufschlag von 300 bis 400 Prozent auf die bisherigen Prämien“, sagt er. Die Hoffnung, die Preise für Zugmaschinen könnten im Gegenzug sinken, hält er für Wunschdenken. „Auch hier wird es nicht unerhebliche Preissteigerungen geben“, sagt Barth.
Um Prämienerhöhungen zu vermeiden, steuern immer mehr Unternehmen mit Risikomanagement gegen und versuchen, die Schadenquoten zu senken. „Jetzt ist die Grenze erreicht, an der man Risikomanagement nicht mehr einfach über eine Erhöhung der Selbstbeteiligung betreiben kann“, sagt Karsten Weichelt. Er ist Geschäftsführer von Risk-Advise, einem Risikomanagementberater. Derzeit ist die Nachfrage nach seinen Dienstleistungen besonders hoch.
Ein Patentrezept für die Reduzierung von Schäden in Fuhrparks kann Weichelt nicht vorweisen. Entscheidend sei die Situation vor Ort. Entstehen viele Schäden außerhalb der Dienstzeit, könnte das Unternehmen über Änderungen der Dienstwagenordnung nachdenken und die private Nutzung reduzieren. Müssen Mitarbeiter wegen ungünstiger Routenplanung viel am Steuer telefonieren, könnte eine Lösung sein, die Zentrale einen Teil der Aufgaben übernehmen zu lassen. „Es sind viele organisatorische Sachen zu bedenken, die letztlich auf die Einstellung des Fahrers Einfluss nehmen“, sagt Weichelt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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