Versicherer schert aus bisheriger Linie der Branche aus // FTD-Gespräch mitDietmar Meister und Torsten Utecht
Herbert Fromme und
Ilse Schlingensiepen , Köln
Als einer der ersten Manager eines großen Versicherungskonzerns hat Dietmar Meister, Deutschlandchef der Generali, einen möglichen Schuldenschnitt für Griechenland öffentlich begrüßt. „Ich glaube, das wäre inzwischen für ganz Europa und sogar die Welt die richtige Richtung“, sagte Meister im FTD-Interview. Die momentane Krise müsse von der Politik zu einer Lösung gebracht werden.
Generali Deutschland gehört zum größten italienischen Versicherer. Die Gruppe sieht sich im Erstversicherungsmarkt in Deutschland auf Platz zwei nach der Allianz. Sie arbeitet vor allem mit den Marken Aachen Münchener, Central, Cosmos und Generali Versicherungen.
Bislang haben sich die großen Assekuranzunternehmen gegen einen Schuldenschnitt ausgesprochen, vor allem Marktführer Allianz. „Vor einigen Monaten habe ich das auch so gesehen“, sagte Meister. „Aber die Lage am Kapitalmarkt ist so, dass man seine Meinung in kürzeren Zeiträumen überdenken muss, als wir das früher gewohnt waren.“ Die deutsche Generali hält 8 Mrd. Euro an Staatsanleihen aus Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien, das sind neun Prozent der Kapitalanlagen. Davon stammen allein 5 Mrd. Euro aus Italien.
Das Unternehmen hat im ersten Halbjahr bereits die Griechenland-Bonds auf 50 Prozent abgeschrieben. Das kostete 340 Mio. Euro. „Welche weiteren Belastungen auf uns zukommen, wissen wir noch nicht“, sagte Finanzchef Torsten Utecht. „Wir haben uns aber nicht von unseren Ergebniszielen für 2011 verabschiedet.“ Die Generali strebt einen Gewinn zwischen 390 und 410 Mio. Euro an.
Die Generali Deutschland habe bereits vor längerer Zeit beschlossen, die Bestände in Anleihen der Peripheriestaaten nicht auszubauen, sagte Utecht. „Wo die Marktgegebenheiten und die Bilanzsituation es erlauben, erfolgen auch Verkäufe, aber nicht in großem Stil.“ Hedging-Strategien seien im aktuellen Umfeld undenkbar. „Wir sind wir darauf angewiesen, dass die richtigen politischen Maßnahmen ergriffen werden“, sagte Utecht.
Die Stabilität der Gruppe stehe außer Zweifel, sagte Meister. Das gelte für die deutsche Gruppe und die italienische Mutter. Die Rating-Agenturen hätten die Bewertung der Generali gerade bestätigt.
Für die deutsche Gruppe hat Meister ehrgeizige Ziele. Bis 2014 soll das Unternehmen in allen wichtigen Kennzahlen eine Spitzenposition erreichen. „Auch bei der Ertragskraft wollen wir zu den Top-Unternehmen gehören.“ Bei der Vertriebskraft gehöre der Konzern bereits zur Spitzengruppe, beim Ertrag schnitten Wettbewerber dagegen noch besser ab.
Der Krankenversicherer Central bekommt bereits die Konsequenzen zu spüren. Dem Kölner Unternehmen hat die Konzernspitze eine strategische Neuausrichtung verordnet. „Wir setzen bei der Central wieder das Prinzip Ertrag vor Wachstum in den Vordergrund. Das ist in den vergangenen zwei, drei Jahren durchbrochen worden“, sagte Meister. Ausdruck dieses Sündenfalls war die Vertriebsoffensive der Central mit den Billigpolicen in der privaten Krankenversicherung (PKV). Diese Tarife bieten nur einen eingeschränkten Schutz und sind deshalb günstiger als die klassischen PKV-Policen. Mit ihnen wollten Anbieter wie die Central neue Kundengruppen in die PKV locken. Die Hoffnung: Nach einigen Jahren steigen die Versicherten in teurere, höherwertige Tarife um. Das ist bislang aber nicht eingetreten. Deshalb hat Generali entschieden, aus diesem Segment wieder auszusteigen. „Wir haben die Notbremse gezogen, weil wir festgestellt haben, dass sich diese Policen nicht rechnen“, sagte er.
Die Erfahrungen mit den Billigtarifen seien schmerzhaft gewesen, hätten die Stabilität der Central aber in keinem Moment in Frage gestellt, betonte Meister. „Ich weiß, dass es Spekulationen über eine finanzielle Schieflage der Central gab, aber die bestand zu keinem Zeitpunkt.“ Die Einstellung der Billigtarife werde 2011 zu einem Einbruch im Neugeschäft führen, aber nicht zu finanziellen Schwierigkeiten.
Zur Neuausrichtung der Central gehören auch drastische Veränderungen im Vertrieb. Das Unternehmen schließt die eigene Vertriebsorganisation zum 31. März 2012. Die rund 600 Vertreter erhalten das Angebot, entweder in den Außendienst der Generali Versicherungen oder zur Vertriebsorganisation DVAG zu wechseln. „Ich rechne damit, dass viele wegen des Allfinanz-Angebots eine bessere Zukunft bei der DVAG sehen.“ An der DVAG hält Generali 40 Prozent, der Rest gehört der Familie des Gründers Reinfried Pohl.
Die Änderungen bei der Central werden auch zu weniger Stellen in der Verwaltung führen, bestätigte Meister. Zahlen gibt es noch nicht. Insgesamt aber plant der Konzern kein Reduzierungsprogramm, nachdem er die Zahl der Vollzeitstellen in den vergangenen acht Jahren von 13 000 auf knapp 10 000 reduziert hatte. „Wir haben den Eindruck, dass ein weiterer Abbau nicht zielführend wäre“, sagte Meister. Die Steigerung der Gewinne solle eher aus Wachstum sowie Veränderungen in der Organisation und im Schadenmanagement kommen.
Quelle: Financial Times Deutschland
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