Ein teures Vergnügen

Ergos neue Versicherung für Gegenstände weist Lücken auf: Trotz hoher Prämiebekommen Kunden immer nur einen Teil des Schadens ersetzt

Hier wirbt der Chef persönlich: Ob Fernsehen, Radio oder Internet – Peter Endres, Vorstandsvorsitzender des Direktversicherers der Ergo-Gruppe, trommelt auf allen Kanälen für die neue Gegenstandsversicherung des Unternehmens. „Vollkasko für Ihren Lieblingsgegenstand“, verspricht der Mann mit der hohen Stirn. Direktversicherer verkaufen ihre Verträge ohne Vertreter und Agenturen über das Internet, das Telefon oder den Postweg. Was andere für Provisionen ausgeben, stecken sie in Werbung.

Die Möglichkeit, Gegenstände zu versichern, ist nicht neu. Hochwertigen Schmuck, Kleidungsstücke wie Pelze, Handys oder elektronische Geräte können Interessierte bei vielen Wettbewerbern absichern, von der Allianz in München über die Arag in Düsseldorf bis zur Wertgarantie in Hannover. Verbraucherschützer stehen den Verträgen skeptisch gegenüber, weil sie teuer sind und der tatsächliche Versicherungsschutz oft geringer ist, als dem Kunden vorgemacht wird. Oft beschränken Anbieter die Deckung auf spezielle Objekte. Bei Ergo sind von Antiquitäten über Schmuck und Fernseher bis zu Prothesen und Rollatoren alle möglichen Dinge versicherbar. Allzu teuer darf das Lieblingsstück allerdings nicht gewesen sein. Bei nicht mobilen Gegenständen liegt die Grenze für den Schutz bei 10 000 Euro, bei mobilen bei 5000 Euro. „Wir stellen die Tendenz fest, dass Kunden Smartphones versichern“, sagt ein Sprecher von Ergodirekt.

Billig ist die Police nicht. „Es geht wirklich um den Schutz für das Lieblingsstück“, betont er. Angesichts des hohen Preises müssen Kunden dieses Objekte schon sehr lieb haben. Wer einen Plattenspieler für 3000 Euro gekauft hat, kann einen Vertrag über eine Versicherungssumme von 2700 Euro abschließen. Das kostet im Jahr stolze 195,60 Euro. Dafür kann man bei Ergodirekt auch den Hausrat einer 100-Quadratmeter-Wohnung für 200 000 Euro versichern. Die würde den Neuwert zahlen. Das heißt, Kunden erhielten so viel Geld, um sich einen vergleichbaren neuen Ersatz anzuschaffen. Bei der Gegenstandspolice gibt es weniger. Der Plattenspieler ist maximal für fünf Jahre versicherbar, im vierten und fünften Jahr beträgt die versicherte Summe nur noch 900 Euro. Bei mobilen, nicht elektronischen Gegenständen wie Pelzen gibt es nach drei Jahren nur noch die Hälfte. Die Prämie sinkt entsprechend. „Es ist vieles versichert, was die Hausratversicherung nicht deckt“, sagt der Sprecher. Nimmt der Handwerker den Pelz mit, zahlt die Hausratversicherung nicht, die Gegenstandsversicherung aber schon. Denn hier ist einfacher Diebstahl inbegriffen. Auch wenn der Besitzer das Fenster offen lässt und der Gewitterregen das schöne Möbelstück ruiniert, gibt es Geld. Ebenfalls gedeckt ist Unachtsamkeit, etwa wenn der Plattenspieler beim Umräumen herunterfällt, sagt der Sprecher.

Trotzdem: Für den erworbenen Schutz ist „Vollkasko“ ein ziemlich vollmundiges Versprechen. Kratzer oder Lackschäden etwa an der Antiquität sind nicht versichert. Fällt dem Besitzer das Mobiltelefon aus der Hand und zerbricht, zieht die Versicherung. Lässt er es einfach liegen, nicht. Schäden durch „bestimmungswidrigen Gebrauch oder unsachgemäße Reinigung“ sind ebenso wenig gedeckt wie die durch Verschleiß oder allmähliche Einwirkung wie Schimmel oder Feuchtigkeit. Außerdem behält sich Ergo vor, die Leistung bei schwerer Fahrlässigkeit je nach Schwere des Mitverschuldens zu kürzen. „Wir wollen so Missbrauch verhindern“, sagt der Sprecher. Bei guten Verträgen verzichten Anbieter aber auf die sogenannte Einrede bei schwerer Fahrlässigkeit. Die Zahlung der kompletten Versicherungssumme ist bei Raub oder Diebstahl vorgesehen. Aber bei einer Beschädigung gibt es nicht etwa Geld für eine Neuanschaffung. Der Versicherer zahlt die Reparaturkosten, die durch eine Rechnung belegt werden müssen. Ist das Lieblingsstück zerstört, zieht Ergo von der Versicherungssumme möglicherweise den verbliebenen Wert ab. Die Höhe stellt ein Sachverständiger fest.

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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