EU-Fraktionen einigen sich auf Stoßdämpfer bei Kapitalregeln, um Krisenfolgenzu mildern
Mark Schrörs, Brüssel,
und Herbert Fromme, Köln
Im Ringen um striktere Eigenkapitalvorschriften für Europas Versicherer können die Konzerne auf Nachsicht hoffen. Die Verhandlungsführer der beiden größten Parteien im EU-Parlament – der Konservative Burkhard Balz und der Sozialist Peter Skinner – einigten sich am Donnerstag auf Erleichterungen für die Versicherer bei langfristigen Garantien. Ohne sie hätten die Gesellschaften deutlich mehr Kapital für Produkte mit Garantien für Zinsen oder Kapitalerhalt gebraucht.
Offiziell abstimmen soll der Wirtschafts- und Währungsausschuss am 21. März. „Ich bin zuversichtlich, dass wir eine breite Mehrheit erzielen“, sagte Balz der FTD. Der CDU-Politiker geht davon aus, dass in dem Punkt auch der EU-Rat mitzieht. Er besteht aus den 27 Mitgliedsländern. Parlament und Rat müssen sich einigen.
Europa will mit der Solvency-II-Richtlinie die Versicherer krisenfester machen und für eine einheitliche europaweite Regulierung sorgen. Die Richtlinie ist bereits seit 2007 in Kraft, technische Details müssen aber noch über verschiedene Rechtstexte umgesetzt werden. Darüber beraten gerade das Parlament und der Rat. Balz und Skinner haben sich nun auf den Kompromisstext dazu geeinigt.
Künftig sollen Versicherer einen von zwei Dämpfungsmechanismen verwenden können: einen „antizyklischen Zuschlag“ (Counter-Cyclical Premium) oder einen „symmetrischen Anpassungsfaktor“ (Matching Symmetrical Adjuster oder MSA). Konkret geht es darum, den Effekt des Wertverfalls von Staatsanleihen und anderen Papieren sowie die deutlichen Schwankungen für die Versicherer zu mildern. Die Grundidee: Weil Kunden mit lang laufenden Verträgen wie Privatrenten ihr Geld nicht auf einen Schlag abheben können, ist eine vorübergehende Absenkung der Gesamtverpflichtungen der Versicherer in der Bilanz vertretbar.
Außerhalb der Assekuranz werden die Stoßdämpfer kritisiert. „Deshalb werden die Versicherer noch mehr in Staatsanleihen der Euro-Zone investieren, als das schon unter den ursprünglichen Plänen für Solvency II der Fall gewesen wäre“, monierte Duncan Russell von der Investmentbank JP Morgan. Eine Folge: Die Assekuranz werde weniger Kapital für Unternehmensanleihen, Aktien und Immobilien zur Verfügung stellen.
Im ursprünglichen Vorschlag der Kommission war der MSA nicht enthalten, den vor allem britische und spanische Versicherer verlangen. Die Kommission sieht dem Vernehmen nach deren Modelle kritisch.
Die konservative EVP-Fraktion stellte sich bereits am Donnerstag hinter den Kompromisstext. Nach der Abstimmung im EU-Parlament kommende Woche soll es dann bereits in der Woche nach Ostern die ersten Verhandlungen zwischen Parlament, Rat und Kommission geben. Balz hofft darauf, dass auch dort zügig eine Einigung erreicht wird.
Solvency II soll 2013 eingeführt werden – allerdings mit einer einjährigen Frist, in der die Branche zwar Risikodaten nach den neuen Regeln erheben soll, aber noch nach den alten Regeln Solvency I arbeiten kann. Vollständig gelten soll Solvency II dann 2014. „2014 wollen wir scharf schalten“, sagte Balz der FTD. Insider in Brüssel in Berlin gehen aber inzwischen von einer Verzögerung bis ins Jahr 2015 aus, das Scharfschalten würde dann auf 2016 verschoben.
Quelle: Financial Times Deutschland
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