Bei einer Klage können Versicherungen helfen – allerdings nur, wenn derVertrag alt ist oder der Anleger einen Zusatz vereinbart hat
Fast jede Woche geht derzeit ein Schiffsfonds pleite. Anleger verlieren Geld und fühlen sich geprellt. Für Anwälte ist ein wunderbares neues Geschäftsfeld entstanden. Im Internet tummeln sich Kanzleien, die versprechen, verlorenes Geld zurückzuholen. Eine Klage ist für Anwälte immer lukrativ, auch wenn sie nicht erfolgreich ist. Für Anleger kann sie teuer werden. Ob die Rechtsschutzversicherung für die Kosten des Streits aufkommt, hängt stets vom Einzelfall ab.
Schiffs-, Immobilien- oder Filmfonds – geht ein Investment schief, fühlt sich der Anleger im Nachhinein oft zu Recht vom Verkäufer falsch beraten, sagt Jan-Henning Ahrens, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus der Bremer Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht Ahrens und Gieschen. Und Falschberatung beginnt bereits, wenn der Verkäufer den Anleger nicht darauf hinweist, dass es beispielsweise für die meisten geschlossenen Fonds keinen Zweitmarkt gibt. Will der Kunde Geld für die Altersvorsorge investieren und wird nicht explizit darauf aufmerksam gemacht, dass die Beteiligung an einem geschlossenen Fonds ein unternehmerisches Risiko ist und verlustreich sein kann, hat der Berater einen Fehler gemacht. „Das Problem ist die Beweislast“, sagt der Anwalt. Der Anleger muss beweisen, dass er falsch beraten worden ist – und das ist schwierig. Oft finden Verkaufsgespräche unter vier Augen statt. Oder es ist höchstens noch der Partner oder die Partnerin dabei. „Der Ausgang des Verfahrens kann schnell davon abhängen, wer vor Gericht den besseren Eindruck macht“, sagt Ahrens.
Das finanzielle Risiko ist groß. Bei einem Streitwert von 50 000 Euro liegen die Kosten nach Angaben des Rechtsschutzversicherers DAS für den eigenen und den gegnerischen Anwalt in der ersten Instanz bei knapp 8500 Euro. Wer weiter geht und in der dritten Instanz verliert, muss mehr als 29 000 Euro zahlen.
Mit einer Rechtsschutzversicherung im Rücken fällt es Anlegern leichter, vor Gericht zu ziehen. Ob die Gesellschaft die Kosten übernimmt, hängt aber vom Einzelfall ab. Immer wieder begegnet Anwalt Ahrens Anlegern, die sich eine Police zulegen, nachdem ihre Kapitalanlage gescheitert ist. Das können sie sich sparen. Denn die Rechtsschutzversicherung zahlt generell nur für Schäden, die deutlich nach dem Abschluss eintreten. Auch dann kommt es darauf an, wann der Kunde sie abgeschlossen hat. „Wer einen sehr alten Vertrag hat, hat Glück“, sagt Arag-Sprecher Klaus Heiermann. Seit 1994 haben die Versicherer die Kostenübernahme für Streit um Kapitalanlagen und damit verbundene Falschberatung mehr und mehr ausgeschlossen. In den meisten der alten Verträge sind nur echte Spekulations- und Wettgeschäfte ausgeschlossen. Darunter fallen auch Investments, bei denen extreme Renditen versprochen werden.
Nach der Kapitalmarktkrise zu Beginn des Jahrhunderts haben die Rechtsschutzversicherer die Bedingungen in den Standardverträgen weiter verschärft. Anlass waren die zahlreichen Klagen enttäuschter Telekom-Anleger. Die Bedingungen fast aller Unternehmen aus dieser Zeit sehen sehr weitgehende Ausschlüsse für Auseinandersetzungen wegen Anlageverlusten vor. Die meisten Gesellschaften gewähren keinen Rechtsschutz bei Streit um den Kauf von Effektenpapieren, Anleihen oder anderen Anlagen. Möglicherweise übernehmen die Versicherer die Kosten für Auseinandersetzungen um offene Immobilienfonds. Aber auch hier kommt es immer auf den Einzelfall an.
Als im Zuge der Finanzkrise 2008 etwa Lehman-Anleger viel Geld verloren, sprangen die Rechtsschutzversicherer nicht ein. Das hat dem Image geschadet. Darauf hat die Branche reagiert: Immer mehr Versicherer bieten Zusatzbausteine für Anleger an oder peppen ihre Premiumangebote auf. Beim Kölner Rechtsschutzversicherer Roland zum Beispiel ist Streit um Kapitalanlagen in der Standard-Police mit Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz für rund 210 Euro nicht inbegriffen. Bei der Premiumvariante für knapp 340 Euro ist das anders. Der Versicherer bietet hier Rechtsschutz bei Streit um Kapitalanlagen bis 50 000 Euro, allerdings mit einer Eigenbeteiligung von 250 Euro. „Dazu gehören auch Auseinandersetzungen um Beratungsfehler“, sagt Sprecher Marcus Acker. Hat die Kapitalanlage einen höheren Wert, zahlt der Versicherer anteilig. Andere Anbieter wie die HUK-Coburg bieten Rechtsschutz nicht für ein bestimmtes Volumen der Kapitalanlage an, sondern bis zu einer festgelegten Höhe der Kosten für den Rechtsstreit. Die HUK übernimmt bis zu 5000 Euro je Fall, wenn der Kunde zum Standardschutz für knapp 190 Euro im Jahr den entsprechenden Zusatzbaustein für 29 Euro kauft. Die Eigenbeteiligung liegt bei 150 Euro und sinkt bei Schadenfreiheit.
Doch die besten Bedingungen nützen nichts, wenn sie falsch ausgelegt werden. Anwalt Ahrens rät Anlegern davon ab, selbst eine Deckungszusage beim Versicherer einholen zu wollen, und empfiehlt, das einem Profi zu überlassen. Mancher übereifrige Sachbearbeiter erteilt eine Absage, die nicht gerechtfertigt ist, so Ahrens: „Um das einschätzen zu können, braucht man juristischen Sachverstand.“
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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