Neue Steuervorgaben drohen die Preise für Versicherungspakete zu treiben. Die Assekuranz befürchtet ein Aus für die Angebote
Friederike Krieger
Kunden, die Versicherungspolicen im Paket abgeschlossen haben oder abschließen wollen, werden in Zukunft wohl mehr für ihre Produkte bezahlen müssen. „Momentan ist davon auszugehen, dass es für den Versicherungsnehmer teurer wird“, sagt Alexander Hoffmann vom Versicherer Genworth Financial. Hintergrund ist ein Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums zur Änderung des Versicherungsteuergesetzes, mit dem unter anderem die Besteuerung dieser Pakete neu geregelt werden soll.
Viele Anbieter haben Rundum-sorglos-Verträge im Programm, die gleich mehrere Policen enthalten. Besonders offensiv versuchen Versicherer derzeit Reisepakete unters Volk zu bringen. Sie enthalten alle erdenklichen Komponenten, die dem Kunden einen sorgenfreien Urlaub garantieren sollen – von der Krankenpolice über Gepäckversicherung bis hin zum speziellen Unfallschutz.
Die neuen Steuerregeln treffen Pakete, die Personen- und Sachpolicen kombinieren. Denn diese werden unterschiedlich besteuert. Lebens-, Renten- und Krankenversicherungen sowie Berufs- und Erwerbsunfähigkeitspolicen sind steuerfrei. Auf alle anderen Policen müssen Kunden 19 Prozent Versicherungsteuer zahlen.
Bisher galt, dass Kunden auf versicherungsteuerfreie Elemente im Paket nur dann keine Steuer bezahlen müssen, wenn die darauf entfallenden Prämienanteile im Vertrag sauber aufgeschlüsselt sind. Diese Praxis will das Finanzministerium nun ändern. Künftig soll die Steuerfreiheit nur noch dann gelten, wenn die einzelnen Komponenten im Paket rechtlich selbstständige Verträge sind. Sie müssen separat künd- und abschließbar sein.
Das ist aber meist nicht der Fall. Die Konsequenz: Sobald nur eine steuerpflichtige Police im Paket ist, wird das ganze Bündel besteuert. Das ist etwa bei Genworth Financials Restschuldversicherungen der Fall. Das Produkt soll Kunden vor dem Risiko schützen, dass sie einen Kredit nicht abzahlen können. Die Verträge enthalten Todesfall- und Arbeitsunfähigkeitsschutz sowie eine Arbeitslosenabsicherung. Letztere ist steuerpflichtig. Hoffmann rechnet damit, dass sich das Paket um rund zehn Prozent verteuern wird: „Nicht nur Restschuldversicherungen sind betroffen, sondern alle Pakete, die steuerfreie und steuerpflichtige Komponenten beinhalten.“
Die neuen Regeln, die noch Bundestag und -rat passieren müssen, sollen Anfang des nächsten Jahres in Kraft treten. Sie betreffen nicht nur Neukunden. Auch Bestandskunden müssten mit Verteuerungen durch höhere Steuern rechnen, sagt Hoffmann.
Die Pakete gesetzeskonform zu gestalten sei auch kein Ausweg, glaubt Hoffmann. „Dann hätten wir statt einem Vertrag drei Policen mit drei unterschiedlichen Bedingungen und Produktinformationsblättern“, erklärt er. „Man würde den Kunden nicht einmal im System verwalten, sondern dreimal.“ Auch ohne höhere Steuerschuld würden Pakete dann teurer, weil die Verwaltungskosten steigen.
Nicht alle Anbieter sind dieser Meinung. Die zu Ergo gehörende Europäische Reiseversicherung traut sich durchaus zu, die einzelnen Komponenten ihrer Reiseversicherungspakete rechtlich selbstständig zu gestalten und die Prämien trotzdem stabil zu halten.
Beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) teilt man die Sorgen von Genworth. „Die vorgeschlagene Regelung würde ohne Not zu erheblichen Nachteilen für Anbieter und Kunden führen“, sagt eine GDV-Sprecherin. Sie fürchtet ein komplettes Aus für die Angebote: „Es ist nicht auszuschließen, dass Unternehmen die bisherigen Produkte aufgrund des hohen Umstellungsaufwands nicht mehr anbieten würden.“
Verbraucherschützern wäre das gar nicht so unrecht. „Wir begrüßen es, dass durch die Steuerpläne Druck in die Branche kommt“, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten (BdV). „Es wäre schön, wenn die Branche nur noch rechtlich selbstständige Verträge anbieten würde.“ Er ist kein Freund von Paketlösungen. „Darin verstecken Versicherer oft Dinge, die der Kunde gar nicht benötigt.“ Bei den Reisepaketen sei eigentlich nur die Krankenversicherung sinnvoll. Zusatzbausteine wie eine spezielle Urlaubshaftpflichtpolice hält Rudnik für überflüssig.
Trotzdem rät er Versicherten, die Pakete haben, sich davon nicht überhastet zu trennen. „Solange kein neuer Schutz da ist, sollte man den alten nicht kündigen“, sagt er. Sonst droht eine Deckungslücke.
Quelle: Financial Times Deutschland
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