Privatpatienten müssen Krankenversicherern das Geld für Arzt oder Apothekenicht vorstrecken
Es geht um richtig viel Geld: An Ärzte, Zahnärzte, Apotheken und andere zahlen Privatpatienten im Jahr rund 15 Mrd. Euro, die sie von ihrem privaten Krankenversicherer erstattet bekommen. Nach der Logik der privaten Krankenversicherung müssen die Patienten das Geld vorstrecken, es gilt das Kostenerstattungsprinzip: Der Kunde zahlt, reicht die Belege ein und holt sich das Geld vom Versicherer zurück. Doch so muss es nicht sein.
Harter Wettbewerb um Kunden zwingt die privaten Krankenversicherer zu einem besseren Service. Im IT-Zeitalter können sie Rechnungen schneller prüfen und erstatten. Für die Klinikbehandlung bekommen Privatpatienten häufig keine Rechnung, denn hier wickeln die Versicherer alles direkt mit dem Haus ab – bis auf die Chefarztbehandlung. Immerhin 2,3 Mrd. Euro mussten Privatpatienten sich insgesamt dafür allein 2010 bei Versicherern zurückholen. Eintreiben müssen sie auch das Geld für Rechnungen von niedergelassenen Ärzten und Zahnärzten. Viele Kunden zahlen bereits, bevor sie den Betrag vom Versicherer erhalten. Das ist taktisch bei höheren Beträgen nicht klug. „Wenn es Differenzen über die Rechnung gibt, ist der behandelnde Arzt nicht wirklich bereit, darüber zu reden, wenn er sein Geld schon hat“, sagt Tommy Unger, Chef der Leistungsabteilung beim Krankenversicherer Universa. Rechnet der Arzt etwas ab, was nicht erstattungsfähig ist, etwa überflüssige Untersuchungen, müssen Patienten das auch nicht zahlen. Oft können sie das nicht erkennen, Krankenversicherer aber schon.
Die Unternehmen dürfen allerdings auch nicht alles verweigern, was die nicht erstatten wollen. Kunden sollten bei einer Ablehnung immer skeptisch sein.
Dennoch sind Versicherer für die Prüfung der Plausibilität von Arztrechnungen durchaus die richtige Adresse. „Kunden sollten bei hohen Beträgen nicht in Vorleistung gehen“, sagt Unger. Sie können den Erstattungsantrag stellen und erst überweisen, wenn das Geld da ist. Die Universa braucht nach eigenen Angaben in der Regel drei Arbeitstage, um Rechnungen zu bearbeiten und zu erstatten. Bei der DKV sind es vier, bei der Debeka fünf, bei der Axa sieben und bei der Allianz acht. „Wenn der Kunde die Rechnung rasch einreicht, bekommt er das Geld so schnell, dass er es nicht vorstrecken muss“, sagt ein Sprecher der Debeka. Die Versicherer verarbeiten Anträge elektronisch. Nicht selten entscheidet der Computer, ob etwas erstattet wird oder nicht. Programme erkennen anhand von Gebührenordnungsziffern und Beträgen, ob die Eingabe plausibel ist.
Richtig schnell geht es aber nur, wenn die eingereichten Unterlagen komplett sind und nicht wie am Jahresende Hochkonjunktur in der Leistungsprüfung herrscht. Will ein Versicherer eine genaue Prüfung, kann die Überweisung auf sich warten lassen. Aber nicht zu lange. „Spätestens einen Monat nach Eingang der Rechnung muss der Versicherer den unstrittigen Teil des Betrags auszahlen“, sagt ein Sprecher des Verbands der privaten Krankenversicherung. Kunden haben dann Anspruch auf einen Abschlag.
Die Strategie, erst Rechnungen einzureichen und dann zu bezahlen, funktioniert in der Apotheke nicht. Dabei können auch die Kosten für Medikamente schnell in die Tausende gehen. Die Allianz Private Krankenversicherungs-AG hat mit dem Deutschen Apothekerverband eine Vereinbarung geschlossen, nach der Pharmazeuten ab einer Rechnung von 750 Euro direkt mit ihr abrechnen. Dazu müssen Kunde und Apotheke gemeinsam einen Antrag stellen. „Das Angebot richtet sich vor allem an chronisch Kranke, die eine Stammapotheke haben“, sagte eine Sprecherin der Allianz. Die Debeka hat eine ähnliche Vereinbarung mit Apothekern geschlossen, die teure Krebsmedikamente herstellen, sogenannte Zytostatika. Auch bei anderen regelmäßig hohen Medikamentenrechnungen rechnet die Debeka direkt ab. Axa, DKV, Universa und andere bieten das ebenfalls an – aber nur auf Nachfrage des Kunden.
Anja Krüger
Quelle: Financial Times Deutschland
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