Zum Imagetief der privaten Altersvorsorge in Deutschland kommen dieErgo-Skandale hinzu
Herbert Fromme
Herbert Fromme , Köln
Dass die private Altersvorsorge einen zunehmend schlechten Ruf in der Bevölkerung hat, ist kein neues Phänomen – aber sie erreicht immer neue Tiefpunkte. So lehnen es nach der am Donnerstag veröffentlichten Allensbach-Studie für die Postbank 42 Prozent der Bürger ab, mehr zu tun in Sachen Vorsorge – so viel wie noch nie seit 2003. „Es ist alarmierend, dass die Bereitschaft zur privaten Altersvorsorge immer mehr sinkt“, sagte Postbank-Vorstand Michael Meyer.
Vor allem die staatlich geförderte Riester-Rente hat wenig Freunde. Nur noch 25 Prozent der Befragten sehen sie als ideale Form der Altersversorgung, vor fünf Jahren waren es noch 31 Prozent, ermittelte Allensbach.
Die Assekuranz spürt die negative Haltung bereits jetzt. Zwischen April und Juni wiesen die Versicherer einen Zuwachs von nur 2000 Riester-Verträgen auf, ähnlich wenig wie die Fondssparpläne. Positiv entwickelte sich nur Wohn-Riester mit einem Zuwachs von 67 000 – von Häuslebauern und Wohnungskäufern wird die Prämie gerne mitgenommen.
Riester-Renten haben aus einer ganzen Reihe von Gründen einen schlechten Ruf. Die hohe Kostenbelastung gehört dazu. So steht Ergo, die Tochter des DAX-Konzerns Munich Re, seit dem vergangenen Jahr in den Negativschlagzeilen, weil Riester-Sparer 2005 alte Vertragsformulare mit einer Kostenbelastung von 12,5 Prozent unterschrieben hatten – aber in Wirklichkeit bereits neue Verträge mit 16,5 Prozent abschlossen.
Ergo konnte glaubhaft darlegen, dass ein Fehler des Druckers beim Formular-Nachdruck zu dem Fehler führte. Doch seit 2011 ermittelt nach Angaben des „Handelsblatt“ die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen vier ehemalige und aktive Ergo-Manager wegen Betrugs. Dabei geht es vor allem um ausgeschiedene Kunden, die – im Gegensatz zu Kunden mit weiterlaufenden Verträgen – nicht adäquat für die Falschangabe entschädigt wurden. Dabei ist der eigentliche Skandal nicht der unsaubere Kostenausweis an sich, sondern die Tatsache, dass bei Riester-Renten überhaupt 12,5 Prozent oder sogar 16,5 Prozent der gesamten Beitragseinnahmen für Kosten draufgehen – auch von den Summen, die der Staat zuschießt.
Die Skandale sind aber nicht entscheidend. Nicht nur Ergo, sondern der gesamte Markt wird von der Riester-Flaute inzwischen hart getroffen. Kunden halten sich angesichts der Unsicherheit durch die dauerhafte Finanzkrise zurück. Hinzu kommt: Für viele Versicherer selbst wird die Riester-Rente unattraktiv. Denn bei der geförderten Zusatzrente müssen die Versicherer eine Beitragsgarantie liefern und gleichzeitig eine lebenslang gezahlte Rente zusichern. Das bedeutet bei einem 30-Jährigen Garantien über 50 Jahre und mehr. Dafür brauchen die Versicherer künftig unter den neuen Eigenmittelvorschriften Solvency II so viel Eigenkapital, dass die mageren Gewinne aus Riester nicht mehr attraktiv sind.
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Quelle: Financial Times Deutschland
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