Münchener verstärkt Einfluss bei Commerzbank

Von Rolf Lebert, Frankfurt und Herbert Fromme, Hamburg Die Münchener Rück hat gestern überraschend bekannt gegeben, dass ihr Anteil an der Commerzbank jetzt 10,4 Prozent beträgt. Damit ist der Weltmarktführer vor der Investorengruppe Cobra und der italienischen Versicherungsgruppe Generali größter Einzelaktionär der Bank. Der Konzern gab außerdem den Abschluss von Transaktionen mit der Allianz, der Deutschen Bank und der Aachen-Münchener-Gruppe bekannt, die zur Generali gehört. Sie waren alle 2001 oder vorher vereinbart worden und werden jetzt steuergünstig abgewickelt. Seit dem 1. Januar sind Gewinne aus dem Verkauf von Beteiligungen steuerfrei.

Die Commerzbank-Anteile liegen bei der Kapitalanlagegesellschaft der Münchener Rück, der MEAG. Sie hatte im letzten Quartal 2001 sukzessive kleinere Aktienpakete der Bank gekauft.

Die Münchener Rück hatte ihren Einsatz bei der Commerzbank bisher nie offen gelegt, Analysten waren von knapp über fünf Prozent ausgegangen. Das entsprach offenbar nicht den Tatsachen. „Wir hatten schon letztes Jahr weit über fünf Prozent“, sagte ein Sprecher. Seit Beginn der 80er Jahre habe die Münchener Rück ein Finanzengagement bei der Commerzbank aufgebaut, das bei der Übernahme der Victoria im Jahr 1997 durch deren Anteile kräftig aufgestockt worden sei. Es handele sich um eine Finanzanlage zur Ertragsoptimierung, „wir haben die Beteiligung zu keinem anderen Zweck aufgebaut“. Allerdings habe der Anteil von 10,4 Prozent den zusätzlichen Charme einer „günstigen Beobachtungsposition“. Die Bekanntgabe sei im Vorgriff auf die neuen Meldepflichten erfolgt. Ab April müssen Unternehmen bei der Berechnung von meldepflichtigen Anteilen an anderen Gesellschaften die indirekt über Spezialfonds gehaltenen Aktien mitzählen.

Die Commerzbank-Aktie war gestern mit einem Kursanstieg um mehr als acht Prozent Tagesgewinner im Dax. In Bankenkreisen löste das Commerzbank-Engagement Erstaunen aus. Dieter Hein, Analyst beim Crédit Lyonnais, rechnet nicht mit einer Übernahme der Commerzbank durch die Münchener Rück. „Das ist eine Mischung aus einem strategischen und einem Finanz-Investment“, sagte er. Einerseits habe der Münchener Versicherungsriese bei der Commerzbank einen Fuß in der Tür und könne ein gewichtiges Wort mitreden, wenn eine andere Adresse die Bank übernehmen wolle. Andererseits habe die MEAG Commerzbank-Aktien zu Tiefstkursen erstanden und könne bei einer Veräußerung einen saftigen Kursgewinn einstreichen. Möglicherweise habe die Münchener Rück auch ihren Partner HypoVereinsbank im Blick. Wenn diese in ein bis zwei Jahren ihre Konsolidierung abgeschlossen habe und wieder auf Expansionskurs gehe, könnte die Münchener Rück ihr ein denkbares Zusammengehen mit der Commerzbank erleichtern.

Münchener Rück und Allianz haben zugleich die bei Übernahme der Dresdner Bank durch die Allianz angekündigte Auflösung von Beteiligungen zum Teil abgeschlossen. Die Allianz hat ihre Beteiligung von 13,6 Prozent an der HypoVereinsbank an die Münchener Rück übertragen. Im Gegenzug erhielt sie den Restanteil der Münchener Rück an der Dresdner Bank, sodass sie dort jetzt 94,3 Prozent hält. Weiter bauten die beiden Konzerne ihre wechselseitige Überkreuzbeteiligung ab. Die Transaktionen bringen der Münchener Rück einen Cash-Zufluss von 500 Mio.Euro bis 1 Mrd. Euro und einen steuerfreien Buchgewinn von bis zu 4 Mrd. Euro.

Die Münchener Rück legte zugleich eine Reihe weiterer Transaktionen offen. Dazu zählt der Erwerb eines Pakets an der Nürnberger Beteiligungs-AG aus dem Besitz der Deutschen Bank, der ihren Anteil an der Nürnberger von 7,5 Prozent auf 19,84 Prozent bringt. Die Deutsche Bank wollte seit langem bei der Nürnberger aussteigen – sie trennt sich von allen Versicherungsbeteiligungen. Neben der Münchener Rück haben kleinere Aktionäre Anteile von der Deutschen Bank übernommen, die jetzt unter fünf Prozent hat. Damit hat Nürnberger-Chef Hans-Peter Schmidt vorläufig sein Ziel erreicht, die Gruppe unabhängig zu halten.

Die Münchener Rück wird nicht gegen den Willen des Nürnberger-Vorstands handeln. Aber ihre Erstversicherungsgruppe Ergo hätte die Franken mit ihren 3,7 Mrd. Euro Prämien gern mit im Boot. Für eine spätere Übernahme hat die Münchener Rück jetzt den Grundstein gelegt. Die Chancen der ebenfalls an der Nürnberger interessierten Versicherungskammer Bayern mit ihren 12,5 Prozent sind gering.

Beim steuerfreien Aufräumen hat die Münchener Rück auch ihren Anteil an der Generali Lloyd in Höhe von 12,2 Prozent an deren Muttergesellschaft Aachener und Münchener abgegeben. Die fusioniert ihre Töchter und hatte den Minderheitsaktionären ein Übernahmeangebot gemacht.

Leitartikel Seite 27.

Zurückhaltung

Lange war die Münchener Rück außerhalb ihrer Branche fast unbekannt.

Größe

Mit um die 35 Mrd. Euro Umsatz und 160 Mrd. Euro Anlagen ist sie der Branchenprimus.

Quelle: Financial Times Deutschland

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