Spielmacher mit Faible für Besonderes

Michael Rosenberg hat die Victoria Lebensversicherung im umkämpften Geschäft mit der Altersvorsorge gut positioniert

Michael Rosenberg ist ein Mann der ersten Liga. Er steuert ein Unternehmen, dass zu den führenden deutschen Lebensversicherern gehört. Die Victoria Leben in Düsseldorf ist Teil der Ergo-Gruppe, die wiederum Tochter des Global Player Münchener Rück ist.

Jeden Samstag sehen Millionen Fernsehzuschauer bei der Übertragung der Bundesligaspiele des FC Schalke 04 das Victoria-Logo. Die Fans des Gelsenkirchener Clubs erreicht Rosenberg mit einer eigens kreierten „Schalke-Rente“. Für die Police, die er für die 750 000 Mitglieder der SPD entwickelt hat, wirbt die Victoria mit dem Spruch „Damit Sie im Alter nicht schwarz sehen“.

Das Faible für Besonderes wurde Rosenberg in die Wiege gelegt – er wurde an einem 29. Februar geboren. Der 49-Jährige hielt sich nicht lange in der Regionalliga auf. Bereits drei Jahre nach seinem Eintritt in die Victoria 1985 rückte der Mathematiker in den Vorstand der Victoria Krankenversicherung auf, zwei Jahre später auch in den der Lebensversicherung. Seit 1998 sitzt er zusätzlich im Vorstand der Unternehmensmutter Ergo. Auch privat erreichte er Bundesliga-Niveau: Im Handballverein seiner Heimatstadt Menden war Rosenberg Rückraumspieler.

Heute spielt Rosenberg kein Feldhandball mehr. Aber er ist ein Spielmacher geblieben. Er tüftelt schon an Strategien, während der Gegner noch mit dem Spielaufbau beschäftigt ist. Als bei den meisten Versicherern nach der Verabschiedung der Rentenreform im Mai 2001 die Riester-Maschinerie erst nach und nach in Gang kam, hatte die Victoria ihre Vorbereitungen längst abgeschlossen. Die Adressdaten des Unternehmens waren nach potenziellen Riester-Kunden durchforstet, der Vertrieb auf die Schlacht eingestimmt. Unmittelbar nach der Verabschiedung des Gesetzes klebten großflächige Plakate, die für die „Förder-Rente“ der Victoria warben.

Die aggressive Kampagne rief Verbraucherschützer auf den Plan. Sie argumentierten, ohne Zertifizierung dürften die Riester-Produkte nicht als solche beworben werden. Das Argument kann Rosenberg bis heute nicht nachvollziehen. „Es war schließlich klar, dass die Produkte die geforderten Kriterien erfüllen.“

Die Kunden ließen sich von der zunächst fehlenden Zertifizierung ohnehin nicht abschrecken. 2001 hat die Victoria 170 000 Verträge abgeschlossen, bis Februar waren es 200 000. „Bei 1,4 Millionen von Lebensversicherern verkauften Policen ist das ein Marktanteil von 13 Prozent. Wir hatten uns als Zielgröße zehn Prozent im Rentenreform-induzierten Geschäft vorgenommen“, sagt er. Meisterschaftsanwärter ist die Victoria mit diesen Zahlen allerdings nicht: Die Allianz hat 330 000 Verträge verkauft, der AMB-Konzern konnte 315 000 Policen absetzen.

Mit dem eigenen Stand ist Rosenberg zwar zufrieden, nicht aber mit dem allgemeinen Trend. „In den Medien ist in den letzten Monaten die Chance vertan worden, die Idee der privaten Altersvorsorge zu unterstützen“, beschwert er sich. Rosenberg kritisiert, dass das Thema private Altersvorsorge in der Öffentlichkeit nicht angemessen behandelt wird. „Man liest überall, die Bürger sollen warten, warten, warten.“ Wenn sich dieses Verhaltensmuster nicht rasch ändert, verliert die Rentenreform ihren Sinn, glaubt der gelernte Mathematiker. Auf ein Jahr hochgerechnet hat die Versicherungsbranche nur drei Millionen Policen abgesetzt. „Wenn die Entwicklung in diesem Maß weitergeht, erreichen wir den letzten förderfähigen Bundesbürger erst in sechs oder sieben Jahren.“ Vielen fehlen dann die ersten Förderjahre. „Das ist nicht das Ziel der Rentenreform.“ Ohnehin müssen die Versicherer für jeden einzelnen Vertrag lange arbeiten. „Vorsorgeprodukte dieser Art werden nicht verkauft wie Coca-Cola“, betont Rosenberg. „Die Produkte müssen zum Bürger getragen werden.“

Die Victoria bietet im Bereich der privaten Riester-Rente zwei Produkte an, eine konventionelle Rentenversicherung und ein Produkt aus Rentenversicherung und Fonds.

Auf dem Spielfeld für private Riester-Produkte tummeln sich weit über hundert Anbieter. Der Markt der betrieblichen Altersvorsorge ist überschaubarer. „Es gibt vielleicht ein Dutzend Versicherer, die sich mit dem Gruppengeschäft umfassend befasst haben“, so der Victoria-Chef. Sein Unternehmen gehört zu den Konsortialpartnern für die Altersvorsorge bei der Telekom, IBM, SAP und der Metall-Rente. „Hier trifft sich ein kleiner Kreis von Versicherern immer wieder.“ Bei der Metall-Rente beispielsweise ist die Allianz mit einem Anteil von 55 Prozent Konsortialführer. „Wir sind zweitgrößter Anbieter, das ist schon ein großer Erfolg.“

Bei der Metall-Rente gibt es drei verschiedene Produkte: An der Direktversicherung hat Victoria einen Anteil von 30 Prozent, BHW von 15 Prozent. An der Pensionskasse haben beide Unternehmen je einen Anteil von 22,5 Prozent, am Pensionsfonds hält Victoria 17,5 Prozent, BHW zehn Prozent. Hier mischt auch die Westdeutsche Landesbank mit 17,5 Prozent mit.

Erstklassig, aber nicht der Erste – das scheint das gemeinsame Schicksal der Victoria Leben und ihres Chefs zu sein. Auch Werbeträger Schalke 04 musste am Ende der letzten Bundesliga-Saison den Bayern den Vortritt lassen. In München sitzt immerhin die Hauptverwaltung der Konzernmutter Münchener Rück. Aber auch die Allianz.

Zitat:

„Altersvorsorge verkauft sich nicht wie Coca-Cola.“ – Michael Rosenberg

Bild(er):

Mit seinem Unternehmen Victoria Lebensversicherung war Michael Rosenberg bei der Riester-Rente als Erster am Start – modus.

Anja Krüger und Herbert Fromme

Quelle: Financial Times Deutschland

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