Daimler will den Absatz von Autoversicherungen ankurbeln · Interview mit Versicherungschef Schindewolf
Von Herbert Fromme, Berlin
Der Daimler-Konzern hat zusammen mit dem Versicherer HDI-Gerling einen Einheitspreis für die Versicherung bestimmter Fahrzeugtypen eingeführt. „Der Kunde bekommt unabhängig von seiner Versicherungsgeschichte, Fahrleistung oder anderen Merkmalen eine Deckung zum Festpreis, beispielsweise 29 Euro pro Monat für die A-Klasse“, sagte Hanns Martin Schindewolf, Chef von Daimler Insurance Services. „Es geht uns um die Einfachheit im Verkauf. Wir können die Versicherung dann viel leichter mit dem Leasingpreis bündeln und damit mehr Policen zusammen mit den Fahrzeugen absetzen“, erklärte er im FTD-Interview. „Wenn erst ein langer Fragebogen ausgefüllt werden muss, führt das zu Schwierigkeiten im Verkaufsprozess.“
Der Trend in der Autoversicherung geht eigentlich genau in die andere Richtung: Die Gesellschaften differenzieren immer feiner nach Fahrleistung, Garagenplatz, Schadensgeschichte, Beruf, Region und Kfz-Kennzeichen – bis hin zum Eigenheimbesitz. Damit versuchen sie, mit niedrigen Preisen möglichst viele „gute“ Risiken anzulocken und die „schlechten“ Risiken durch hohe Prämien fernzuhalten. Diese Segmentierung wird in dem heiß umkämpften und schrumpfenden Markt immer weiter ausgebaut.
Daimler will dagegen mit der Vereinfachung den Anteil der verkauften Neufahrzeuge, die gleich mit Versicherungsschein ausgeliefert werden, spürbar erhöhen. Zurzeit erreicht der Hersteller weltweit zwölf Prozent, in Deutschland 26 Prozent – nach 15 Prozent 2004. „Wir wollen die zwölf Prozent deutlich steigern“, sagte Schindewolf. Schließlich finanziere Daimler auch mehr als 40 Prozent aller Neufahrzeuge über die eigene Bank.
Der Komplettservice sei für den Kunden attraktiv – und lohne sich für Daimler und seine Vertragswerkstätten. „Das ist ja das Kernelement der Verknüpfung von Fahrzeugverkauf und Versicherung“, sagte er. „Wir stellen das Werkstatt-Routing sicher.“ Bei Schäden am eigenen Fahrzeug empfiehlt der Versicherer bei der Schadenmeldung immer, den Wagen in der Daimler-Werkstatt reparieren zu lassen.
Den Einwand, eine solche Flatrate für die Autoversicherung könnte zur berüchtigten Antiselektion führen – alle schlechten Autofahrer mit vielen Vorschäden sammeln sich hier, weil die Police billig ist -, lässt Schindewolf nicht gelten. „Das sind nicht unbedingt die Fahrergruppen, die sich unsere Neufahrzeuge kaufen, und das müssen sie ja tun, bevor sie die Versicherung bekommen.“
Weltweit hat Daimler heute 500 000 Fahrzeuge über verschiedene Partner in 40 Ländern in der Autoversicherung abgedeckt, in Deutschland 180 000. Dazu kommen noch 520 000 Fahrzeuge mit Garantie- oder Ratenabsicherungsverträgen.
Mit dem Ausbau des Geschäftszweigs liegt der Stuttgarter Konzern im Trend. VW hat mehr als eine Million Fahrzeuge versichert, Risikoträger ist die Allianz. Auch alle anderen Hersteller und Importeure haben Vereinbarungen, wenn auch meistens mit deutlich niedrigeren Durchdringungsraten. Das Ziel ist immer dasselbe: Kundenbindung durch Paketangebote und Lenkung von beschädigten Fahrzeugen in die eigenen Werkstätten.
Als Gegenpol baut eine Reihe von Versicherern unter Führung der HUK-Coburg eigene Werkstattnetze auf, um Kosten zu sparen. Nicht immer bestehen sie aus den Vertragswerkstätten der Automarken. Diese empfinden das als Bedrohung ihres Werkstattnetzes.
Daimler arbeitet mit einer Reihe von „globalen Partnern“ unter den Versicherern zusammen, neben HDI-Gerling sind darunter auch Allianz, Chartis – früher AIG – und Zurich. Der Konzern besitzt eine ordentliche Marktmacht – in der Autoversicherung für Kunden bringt er nach Schindewolfs Angaben global 500 Mio. Euro Prämie auf die Waage, in der Absicherung der firmeneigenen Risiken wie Feuer oder Haftpflicht zahlt er rund 200 Mio.Euro, und aus dem Mitarbeitergeschäft stammen weitere 120 Mio. Euro Versicherungsprämie.
Schindewolf sieht keine Probleme, genügend Kapazitäten für den Absicherungsbedarf des Konzerns einzukaufen. Die Debatte über generelle Preiserhöhungen in der Industrieversicherung kann er nicht nachvollziehen. „Bislang habe ich von einem Anziehen der Preise nichts bemerkt“, sagte er. „Die Tendenz ist eher weiter fallend.“
Quelle: Financial Times Deutschland
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