Weiter große Verunsicherung bei der Zurich

Der Freitod des Zurich-Finanzchefs Pierre Wauthier und der Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Josef Ackermann sorgen weiter für Verunsicherung beim Unternehmen und im Markt. Sind Wauthier und Ackermann aneinander geraten, weil der Konzern seine Halbjahreszahlen günstiger dargestellt hat, als sie in Wirklichkeit waren?  Wir dokumentieren hier Pressestimmen aus der Schweiz.

Ackermann_Josef_Zurich

Der ehemalige Verwaltungsratspräsident der Zurich Josef Ackermann steht im Mittelpunkt einer Kontroverse

© Zurich

Das Management des global agierenden Versicherers Zurich stemmt sich mit Macht gegen die Krise, die das Unternehmen seit dem Freitod des Finanzchefs Pierre Wauthier und dem Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Josef Ackermann im Griff hat. Vor allem der Reputationsschaden trifft das Unternehmen. Wauthier hatte sich am Montag, 26. August, durch Erhängen das Leben genommen. Ackermann war zwei Tage später zurückgetreten und hatte den Schritt mit Vorwürfen der Familie gegen ihn begründet.

Der NZZ am Sonntag (1. September 2013) sagt Zurich-Chef Martin Senn: „Der Tod von Pierre Wauthier und der Rücktritt von Joe Ackermann haben den sehr guten Ruf der Zurich beeinträchtigt, das ist gar keine Frage. Der Rücktritt war der persönliche Entscheid von Herrn Ackermann, das müssen wir akzeptieren.“ Senn weiter: „Ich arbeite jetzt daran, dass wir diesen Reputationsverlust, diese Wolke, die sich über das Unternehmen gelegt hat, wieder wegblasen können.“

In dem Interview fragen die Journalisten Sebastian Bräuer und Daniel Hug nach den Gerüchten aus dem Umfeld Ackermanns, Wauthier habe Ackermann berichten müssen, wie das Unternehmen finanziell dastehe. Ackermann habe bemängelt, dass gewisse Dinge buchhalterisch zu gut dargestellt würden. Senn sagt dazu, er sei bei solchen Gesprächen nicht dabei gewesen. „Ich habe auch keinerlei Hinweise, die zu solch einer Schlussfolgerung führen könnten.“

Gefragt, ob die Rückstellungen für das deutsche Haftpflichtgeschäft, die allein 2012 550 Mio. Dollar kosteten, für Wauthier belastend waren, sagt Senn: „Das war eine Belastung für den Konzern insgesamt – und auch für mich und alle Kollegen in der Konzernleitung.“

Das Interview dreht sich weiter um die Finanzlage und wie der Konzern sie dargestellt hat. „Zwischen dem Ableben von Pierre Wauthier und dem Rücktritt von Herrn Ackermann sowie der Qualität unseres Finanzausweises besteht keinerlei Zusammenhang“, betont Senn. „Die Zurich ist gut aufgestellt, hat eine starke Bilanz, wir generieren hohe Cashflows.“

Die Halbjahreszahlen seien vom Verwaltungsrat genehmigt und korrekt ausgewiesen worden. „Sämtliche anderslautenden Gerüchte, die im Wochenverlauf aufgekommen sind, weise ich zurück.“

An anderer Stelle der NZZ am Sonntag (1. September 2013) berichtet Daniel Hug: „Seine (Ackermanns) Kommunikationsberater streuen auf Anfrage der Journalisten Bemerkungen ein, wonach es zwischen Wauthier und Ackermann ‚unterschiedliche Vorstellungen‘ über die Buchungspraxis gegeben habe. Ackermann könne es nicht zulassen, ‚dass die Dinge besser dargestellt werden, als sie sind‘ – er müsse sich dafür ‚gegenüber der Finanzmarktaufsicht verantworten‘.“

Außerdem soll Ackermann moniert haben, dass bei der Zurich eine Wohlfühlkultur vorgeherrscht habe. Die träge Kultur sei für Ackermann mit seinen hohen Ansprüchen zu wenig leistungsorientiert gewesen.

In der SonntagsZeitung  (1. September 2013) schreiben Victor Weber und Alice Chalupny über Josef Ackermann und seine Auseinandersetzungen mit der deutschen Justiz: „Nun steht ihm eine weitere Einvernahme bevor, mit happigen Vorwürfen. Er soll in der Affäre um den verstorbenen Medienmogul Leo Kirch in einen ‚Prozessbetrug‘ verwickelt sein. Aber reicht das als Grund für den Rücktritt bei der Zurich? ‚Nein‘, sagen Vertraute unisono.“

Bei der Zurich habe sich der Machtmensch widerstandslos vom Acker gemacht. „Nach dem Suizid von Finanzchef Pierre Wauthier hat er am Mittwochabend sein Amt als Verwaltungsratspräsident des Versicherungskonzerns per sofort niedergelegt. ‚Gegen einen Toten kann man nur verlieren‘, habe er in der bewegten Verwaltungsratssitzung gesagt, berichtet ein Teilnehmer.“

Die „SonntagsZeitung“ meldet, Wauthier und Ackermann seien zuletzt aneinandergeraten, als der Finanzchef zusammen mit dem Leiter Investor Relations dem Verwaltungsratspräsidenten den aufgearbeiteten Zahlenkranz für das zweite Quartal 2013 vorlegte. „Ackermann habe in dieser Sitzung den Eindruck gewonnen, berichtet ein Gewährsmann, dass die finanzielle Situation des Konzerns nicht mit der gebotenen Schärfe dargestellt werde. Der Präsident setzte durch, dass die Kennzahlen einer zusätzlichen Analyse unterzogen werden“, so die „SonntagsZeitung“. Der Konzern habe das nicht bestätigt, so die Zeitung weiter.

Redaktion

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit