Von Herbert Fromme, Köln, und Sven Clausen, Amsterdam Im Kampf um die Macht beim Kosmetikkonzern Beiersdorf häufen sich seit Tagen Spekulationen über verschiedene Übernahme-varianten des Herstellers von Marken wie Nivea oder Labello. Und das nicht ohne Grund, denn es geht um die Zukunft eines ertragsstarken Traditionskonzerns. Im Mittelpunkt stehen die beiden Hauptaktionäre des Hamburger Unternehmens: Der Finanzkonzern Allianz mit einem Anteil von 43,6 Prozent und die Tchibo-Holding mit einem Anteil von etwas mehr als 30 Prozent. Zu Tchibo gehört auch ein Anteil von 75 Prozent am Zigaretten-Hersteller Reemtsma (West, R1), den der Konzern jetzt zum Verkauf vorbereitet.
Diese Aktionärsstruktur mit zwei großen Anteilseignern führt seit Jahrzehnten immer wieder zur Frage, ob einer der Anteilseigner eine komplette Übernahme anstrebt. Die Diskussion haben Allianz wie auch Tchibo in den vergangenen Monaten belebt, da sie ihre Anteile an Beiersdorf um wenige Prozentpunkte aufgestockt haben. Zudem hat Ende der vergangenen Woche der Beiersdorf-Finanzvorstand Rolf-Dieter Schwalb erklärt, man sei grundsätzlich offen für eine Übernahme.
So ist Bewegung in das Ringen um Beiersdorf gekommen. Inzwischen sind nahezu alle denkbaren Varianten als mutmaßlich wahrscheinlichste Lösung ausgerufen worden: Eine Aufspaltung der Tchibo-Holding, die der Familie Herz gehört, um dann von der Allianz die Beiersdorf-Anteile ganz oder in Teilen zu kaufen. Oder auch ein Verkauf des Allianz-Anteils an einen industriellen Investor oder ein Teilverkauf der Beiersdorf-Aktien der Allianz an institutionelle Investoren.
Die grundlegende Frage ist also: Was macht die Allianz mit ihrem Anteil? Offenbar geht man bei dem Versicherer nicht davon aus, dass es in den nächsten Tagen zu weitreichenden Änderungen in der Beiersdorf-Aktionärsstruktur kommt. Andererseits ist es wahrscheinlich, dass die Allianz bei einem passenden Angebot ihr Beiersdorf-Paket verkaufen würde. Der Hamburger Kosmetik-Konzern ist eine Ertragsperle und ist in den vergangenen Jahren unter Vorstandschef Rolf Kunisch von Erfolg zu Erfolg geeilt. Im Jahr 2000 erwirtschaftete Beiersdorf bei einem Umsatz von 4,1 Mrd. Euro einen Gewinn (Ebit) von 389 Mio.Euro.
Ob der Allianz-Teil an Beiersdorf bei der Familie Herz landet, hängt dabei nach Ansicht von Branchenkreisen von mehreren Voraussetzungen ab – unter anderem, ob es der Familie gelingt, die Tabakgruppe Reemtsma erfolgreich zu verkaufen und sich so die Mittel für die Übernahme des Allianz-Pakets an Beiersdorf zu verschaffen.
Die Herz-Familie, vor allem die beiden tonangebenden Brüder Günter und Michael, sind sich aber selbst noch nicht einig über ihr weiteres Vorgehen. Möglich daher, dass gezielte Gerüchte aus dem Umkreis der Familie gestreut werden. „Die wollen die Reaktion des Marktes auf ihre Ideen testen, um ihre Strategie abzustimmen“, vermutet ein Frankfurter Banker.
So kursierte etwa die Nachricht, dass die Allianz per Call-Optionen jederzeit die Mehrheit erwerben könnte. Das sei „eindeutig falsch“, hieß es in Versicherungskreisen. Ebenfalls falsch seien Meldungen, nach denen Herz/Tchibo ein Vorkaufsrecht auf von der Allianz gehaltene Aktien hätten. Überrascht habe man in der Branche Berichte verfolgt, nach denen die Allianz zumindest mit einem Teil der Aktien an die Börse gehen wolle. Es erscheint in der Tat unlogisch, dass sich der Versicherer von dem mühsam zusammengekauften Paket trennt und so auf den auf jeden Fall zu erzielenden Paketaufschlag verzichtet.
Die Allianz reagiert auf diese Meldungen zwar noch nicht mit offiziellen Aussagen, allerdings ist bei dem Versicherer Verärgerung über die Gerüchte zu spüren. Das ist durchaus verständlich, denn die Beiersdorf-Aktien haben infolge der Spekulationen in den vergangenen Tagen an Wert verloren. Am Mittwoch waren die Papiere bereits um mehr als sieben Prozent abgesackt. Gestern gab der Kurs bis zum frühen Abend leicht, um 0,8 Prozent, nach.
Großaktionäre
Tchibo-Chef
Ludger W. Staby und Allianz-Vorstandschef Henning Schulte-Noelle schweigen sich über ihre Pläne für Beiersdorf aus und lassen damit der Gerüchteküche freien Lauf.
Quelle: Financial Times Deutschland
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