Swiss Re blockt Preissenkungen ab

Weltweit zweitgrößter Rückversicherer legt entgegen den Erwartungen für 2004 weiter zu · Interview mit Vorstand Stefan Lippe

Von Herbert Fromme, Köln Der Rückversicherer Swiss Re hat Hoffnungen von Großindustrie und Erstversicherern auf niedrigere Preise für Rück- und Großrisikoschutz einen Dämpfer verpasst. „Entgegen allen Voraussagen ist der Markt in den Vertragsabschlüssen für 2004 über alle Regionen und Sparten hinweg stabil geblieben oder sogar teurer geworden“, sagte Vorstand Stefan Lippe der FTD.

Die einzige Ausnahme sei der Markt für große Sachversicherungsrisiken in den USA. „Da sind die Preise nach unten gegangen, auch wenn man immer noch gut verdient“, sagte Lippe. Da aber die Swiss Re ihr Kapital in anderen Bereichen gewinnbringender einsetzen könne, habe sie das Geschäft um 14 Prozent im Volumen reduziert – und gleichzeitig in Haftpflicht 14 Prozent mehr in die Bücher genommen. „Es wäre ein falsches Zeichen gewesen, wenn wir die Preissenkung im US-Sachgeschäft mitgemacht hätten“, sagte Lippe. „Wenn man dem Markt zeigt, dass man an einer Ecke einknickt, geht das an anderen Stellen weiter.“

Rückversicherer wie Swiss Re oder Münchener Rück sind die Großhändler des Risikoschutzes. Ein Versicherer, der direkt mit den Endkunden Verträge schließt, gibt einen Teil der Prämie und des Risikos an Rückversicherer weiter, die im Schadenfall für ihren Anteil einstehen müssen. Rückversicherer sind in der Regel weltweit aktiv und schaffen so einen globalen Risikoausgleich. Seit 2002 sind die Preise für die meistens jährlich neu abgeschlossenen Rückversicherungsverträge massiv angestiegen. Dazu haben sowohl Großschäden wie das World Trade Center als auch der Einbruch der Kapitalerträge beigetragen.

In den Jahren davor hatten die Rückversicherer niedrige Preise akzeptiert, weil sie mit dem immer noch hohen Cashflow aus den Prämien an den Kapitalmärkten gut verdienten. Für 2004 haben Makler und manche Kunden ein deutliches Abbröckeln der Preisfront vorhergesagt.

Nach Lippes Angaben ist es dazu aber nicht gekommen. „Europa ist mit den Preiserhöhungen zwar 2002 langsam gestartet, hat aber 2003 aufgeholt und ist jetzt ungefähr auf dem Niveau der USA“, sagte er. „Insgesamt hat die Swiss Re in den Vertragserneuerungen im Schaden- und Unfallgeschäft um sieben Prozent zugelegt“, sagte er.

Davon stammten vier Prozentpunkte aus Preiserhöhungen und drei Prozentpunkte aus der Volumenausweitung. Zum Jahresgewinn könne man aber noch nichts sagen. „Da fehlen uns auch noch die Kapitalanlageergebnisse“, sagte Lippe. Einzelheiten will Swiss Re am 25. März mitteilen.

Zu den Problemfeldern der Swiss Re gehört das World Trade Center – der Konzern ist mit 25 Prozent der Grunddeckung größter Versicherer und steht mit dessen Pächter Larry Silverstein zurzeit vor Gericht. Die Swiss Re behauptet, beim Einschlag zweier Flugzeuge in die beiden Türme habe es sich um einen Versicherungsfall gehandelt, Silverstein geht von zwei Fällen aus – und verlangt deshalb zweimal die Versicherungssumme von 3,5 Mrd. $. Zu dem seit einer Woche in New York laufenden Prozess will Lippe nichts sagen. „Es gibt ja Urteile im Vorfeld. Und wir haben an unserer Einstellung nichts geändert.“

Lippe kann sich eine Konsolidierung im weltweiten Rückversicherungsmarkt vorstellen. So mancher mit viel Kapital ausgestattete Bermuda-Rückversicherer könne auf den sinnvollen Gedanken kommen, über den Kauf eines etablierten Rückversicherers Zugang zu anderen Marktsegmenten zu erhalten.

Für die Swiss Re sieht er noch keine Übernahmechance: „Die Preise sind noch viel zu hoch.“ Ein Zukauf mache erst dann Sinn, wenn das organische Wachstum nachlässt. „Dann könnte man den einen oder anderen, der auch nach unten geht, zu einem vernünftigen Preis kaufen.“

Zitat:

„Wenn man an einer Stelle einknickt, geht das weiter“ – Swiss-Re-Vorstand Stefan Lippe

Quelle: Financial Times Deutschland

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