Volle Kraft voraus

Schiffsfonds wachsen weiter, obwohl das klassische Steuersparmodell ausgedient hat. Jetzt zählt der Ertrag

Schiffsfonds haben in den vergangenen Jahren selbst optimistische Vertriebsprognosen regelmäßig übertroffen. Für 2004 zeichnet sich eine Fortsetzung dieser Erfolgsgeschichte ab. Emissionshäuser wie Marktführer HCI berichten von weiter steigender Nachfrage nach Schiffsinvestments. Damit würde nach 1,4 Mrd. Euro 2002 und 2,3 Mrd. Euro eingeworbenem Eigenkapital im vergangenen Jahr erneut ein neuer Rekord aufgestellt.

Am deutschen Markt für Beteiligungen rangierten Schiffsfonds mittlerweile auf Platz zwei. Mit 22,4 Prozent lagen sie 2003 hinter dem Anlageklassiker, den geschlossenen Immobilienfonds, wie Fondsexperte Stefan Loipfinger berechnet hat.

Deutsche Emissionshäuser finanzieren Containerschiffe oder Tanker in Ein-Schiffs-Gesellschaften. Private Investoren stellen das Eigenkapital für die Fonds bereit, was 30 bis 40 Prozent des Gesamtpreises eines Schiffes ausmacht. Der Rest stammt von Banken, die sich über Schiffshypotheken absichern. Die Schiffe werden dann an internationale Linien-Reedereien vermietet. Da die Charterraten derzeit auf Rekordhöhe liegen, können sich die Anleger über hohe Ausschüttungen freuen.

Damit haben die Fonds von heute kaum mehr etwas mit den traditionellen Schiffsfonds der vergangenen Jahrzehnte gemeinsam. Die wurden als Steuersparmodell konzipiert. Gutverdiener durften sich über üppige Verlustzuweisungen freuen und damit ihre hohen Einkommen steuergünstig mindern.

Ob die Schiffe tatsächlich erfolgreich im Markt operierten, war nebensächlich. Deshalb finanzierten deutsche Anleger zeitweise so viele Schiffe, dass die Preise für Transportraum weltweit in den Keller fielen. Das hat sich grundlegend geändert. Denn der Fiskus reduzierte Stück um Stück die Möglichkeiten der Verlustzuweisungen, die Initiatoren mussten über neue Konzepte nachdenken. Heute sind Schiffe deshalb in erster Linie eine gewinnorientierte Anlage. Das Schiff muss Geld einfahren, damit der Anleger verdient.

Möglich macht den Gewinn die Tonnagesteuer. Dank ihr streicht der Fonds als Eigner die Gewinne aus dem Schiffsbetrieb fast steuerfrei ein. Das erlaubt den Emissionshäusern, teilweise zweistellige Renditen zu versprechen. Dem Bundesfinanzministerium ist die Tonnagesteuer zwar ein Dorn im Auge. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat jedoch zugesagt, dass sie beibehalten wird, wenn die Reeder dafür bis 2005 mindestens 100 Schiffe zurück unter die deutsche Flagge bringen

Bis 2006 dürfen die Initiatoren noch so genannte Kombimodelle anbieten. Dabei profitieren Anleger in der Anfangsphase, wenn das Schiff noch keine Gewinne abwirft, von steuerlichen Verlustzuweisungen. Danach wechselt der Fonds in die Tonnagesteuer und bringt Gewinne – zumindest laut Plan.

Doch der „Doppel-Whopper“, wie er im Branchenjargon genannt wird, könnte sich großes Risiko erweisen: Beim Wechsel in die Tonnagesteuer wird die Differenz zwischen dem Buchwert des Schiffes und dem Marktwert festgestellt. Trennt sich der Fonds von dem Schiff oder verkauft der Anleger seinen Anteil, muss er diese Differenz voll mit seinem Steuersatz versteuern.

Dieser so genannte Unterschiedsbetrag ist für Anleger „äußerst riskant“, sagt Frank Moysich. Der Geschäftsführer von Salomon & Partner Invest in Hamburg warnt: „Wer heute noch Kombimodelle anbietet, setzt die Sicherheit der Anleger aufs Spiel.“ Nach seinen Berechnungen kann das gesamte Investment für Anleger im Minus enden.

Gerade für Fonds, die heute in die Tonnagesteuer wechseln, ist der Unterschiedsbetrag besonders hoch. Denn noch vor zwei oder drei Jahren lagen die Schiffspreise im Keller, seitdem sind sie rasant gestiegen. Niemand weiß, wo die Preise stehen, wenn sich Fonds in einigen Jahren von den Schiffen trennen. Dann bekommen die Investoren möglicherweise kaum noch Geld für die gebrauchten Frachter, müssen aber den Unterschiedsbetrag von heute versteuern.

Immer mehr Initiatoren bieten deshalb reine Tonnagesteuerfonds an, bei denen von vornherein auf steuerliche Verluste verzichtet wird. Andere dagegen nutzen weiterhin die Beliebtheit der Kombimodelle, um ihren Marktanteil zu steigern.

Salomon & Partner setzt auf einen anderen Weg: Das Unternehmen legt Zweitmarktfonds auf, die aus gebrauchten Anteilen unterschiedlicher Schiffsfonds bestehen. Wer sein Investment an die Firma verkaufen will, wird auch über die Konsequenzen des Unterschiedsbetrages aufgeklärt. „Manchem müssen wir dann von einem Verkauf zu diesem Zeitpunkt abraten“, sagt Moysich.

Bild(er):

Auf dem Trockenen sitzen bedeutet für die Initiatoren von Schiffsfonds eine Katastrophe. Sie brauchen immer eine Handbreit Wasser unterm Hintern, denn das Schiff muss Geld einfahren, damit der Anleger verdient – Gettyimages/Greg Ceo

Katrin Berkenkopf

Quelle: Financial Times Deutschland

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