Die integrierte Versorgung ist ein zentraler Vorstoß der Bundesregierung bei ihrem Versuch, verkrustete Strukturen aufzubrechen. Erstmals können Krankenkassen ohne Einschaltung der Kassenärztlichen Vereinigungen Verträge mit niedergelassenen Ärzten abschließen. In das Versorgungsmodell können sie zudem Kliniken einbeziehen.
„Deutschland hat ein System, das von sehr starken Brüchen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung, zwischen hausärztlicher und fachärztlicher Versorgung, zwischen Akutmedizin und Rehabilitation und Pflege geprägt ist“, sagt Franz Knieps vom Bundesgesundheitsministerium. Ziel der Integrationsversorgung sei die bessere Zusammenarbeit der Anbieter. Davon verspricht sich Knieps Qualitätsverbesserungen und Einsparungen.
Der Gesetzgeber hat die Krankenkassen mit neuer Macht ausgestattet: Bisher konnten sie beim Einkauf medizinischer Leistungen nur Kollektivverträge mit den Kassenärztlichen Vereinigungen abschließen, die für alle Vertragsärzte verbindlich gelten. Nun sind auch Individualverträge der Krankenkassen mit einzelnen Haus- und Fachärzten möglich.
Zusatzhonorare locken
Um möglichst viele Partner zu gewinnen, dürfen die Kassen bis 2006 bis zu einProzent der Gesamtvergütung für Ärzte und Krankenhäuser einbehalten um ihre neuen Vertragspartner zu honorieren. Das sind bis zu 680 Mio. Euro. Patienten, die an den Programmen teilnehmen, dürfen die Kassen mit einem Bonus belohnen.
Verlierer der Integrationsversorgung sind die Interessenverbände der Ärzte. „Wir bleiben bei den Verträgen außen vor“, erklärte Roland Stahl von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.
Die Inhalte der integrierten Versorgung bleiben den Vertragspartnern überlassen. Berlin liefert ein gutes Beispiel: Dort haben sich alle Ersatzkassen, ein Krankenhaus und mehrere Onkologen auf eine stärkere Zusammenarbeit bei der Brustkrebsbehandlung geeinigt.
Bis Ende 2004 hatten die Kassen bundesweit rund 340 Verträge mit einem Finanzvolumen von 157 Mio. Euro abgeschlossen, die meisten mit Kliniken. „Die Krankenhäuser geben bei der integrierten Versorgung den Takt vor“, sagte Christoph Bischoff-Everding vom Hamburger Beratungsunternehmen Hildebrandt Gesundheitsconsult.
Die Kliniken versuchen auf diesem Weg, in den Markt der ambulanten Versorgung einzusteigen. Die niedergelassenen Ärzte reagieren dagegen zurückhaltend. „Der wirtschaftliche Anreiz ist nicht stark genug“, erklärte Klaus Gebuhr vom Ärzteverband NAV-Virchow, der über 6000 Vertragsärzte zur integrierten Versorgung befragte.
Quelle: Financial Times Deutschland
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