Von der Universität in die eigene Firma

Zu den Erfolgsfaktoren der Biotechnologie in Bayern gehört das gute Zusammenspiel von Wissenschaft und Wirtschaft. Viele Unternehmen werden von Forschern aus wissenschaftlichen Einrichtungen gegründet. dsfgsd fs

Gerade noch rechtzeitig konnte der Biophysiker Niels Fertig seine Geschäftsidee umsetzen. Ende 2002 hatte er gemeinsam mit seinen Doktorvätern die Firma Nanion gegründet und konnte das erforderliche Startkapital auftreiben. „Wir kamen gerade noch, bevor sich das Zeitfenster schloss“, sagt er. Nur wenig später wäre er in die Kapitalkrise der Biotechnologie geraten.

Im Großraum München sitzt jedes vierte der 360 deutschen Biotechnologieunternehmen. Die meisten entwickeln Wirkstoffe oder technische Verfahren für die Medikamentenherstellung. Wie die gesamte Branche haben auch die bayerischen Unternehmen stark mit der Kapitalmarktkrise zu kämpfen. Bis Ende der 90er Jahre konnten sie auf Risikokapital, das so genannte Venture Capital (VC), zurückgreifen. Diese Investoren gehen ein hohes Risiko ein und erwarten dafür hohe Renditen. Seit Beginn der Kapitalmarktkrise 2001 finden Biotechnologiefirmen kaum noch VC-Investoren. Jetzt wenden die Geldgeber sich ihnen langsam wieder zu. „Wir haben in diesem Jahr schon mehr VC-Capital hereingeholt als 2003 und 2004 zusammen“, sagt Verena Trenkner von Bio M. Die Gesellschaft, an der Pharmafirmen und der Freistaat Bayern beteiligt sind, unterstützt junge Firmen wie die von Fertig bei der Kapitalbeschaffung.

„Viele Unternehmen sind Ausgründungen aus wissenschaftlichen Institutionen“, sagt Trenkner. Dazu gehört auch Fertigs Unternehmen Nanion, das Messinstrumente für Zellanalysen herstellt. Sie werden bei der Entwicklung von Arzneimitteln gegen Schmerzen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt. „Für 2003 hatten wir eine große Finanzierungsrunde geplant“, berichtet Fertig. Doch zu diesem Zeitpunkt gab der Kapitalmarkt kein Geld her. „Wir haben unsere Strategie geändert und sind mit einem einfachen Produkt auf den Markt gegangen.“ Ein Landesprogramm finanzierte zwei Jahre lang für Nanion zwei halbe Stellen, mit denen Fertig sich selbst und seinen ersten Mitarbeiter absichern konnte. Außerdem erhielt er zu günstigen Konditionen Räume an der Universität. „Das ist wichtig, um eng an die Forschung angebunden zu sein“, sagt Fertig. Seit 2004 schreibt Nanion schwarze Zahlen, die Firma hat nun zwölf Mitarbeiter.

Auch andere wissenschaftliche Institutionen fördern den Schritt von Wissenschaftlern in die Wirtschaft. Allein aus dem Max-Planck-Institut für Biochemie sind im vergangenen Jahrzehnt mehr als zehn Firmen hervorgegangen, zum Beispiel Switch Biotech, Mondogen oder Munich Innovative Biomaterials (MIB). Das Besondere: Max-Planck-Institute widmen sich der Grundlagenforschung, einer nicht anwendungsorientierten Disziplin. Doch die Forscher sind längst vom Elfenbeinturm gestiegen. „Das Institut fördert Wissenschaftler bei der Gründung von Firmen“, erklärt der geschäftsführende Direktor des Max-Planck-Instituts für Biochemie, Dieter Oesterhelt. Angestellte Wissenschaftler haben die Möglichkeit, nach einer Firmengründung eine befristete Zeit lang eine Teilzeitstelle am Institut zu behalten. Außerdem können Forscher die Dienstleistungen der Garching Innovation, einer Ausgründung der Max-Planck-Gesellschaft, in Anspruch nehmen. Sie erledigt Patentangelegenheiten und prüft die Verwendbarkeit und Lizenzierbarkeit einer Entwicklung. Sobald Geld aus einem Patent fließt, erhalten Erfinder, das Institut und die Garching Innovation jeweils ein Drittel. Oesterhelt selbst hat die Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft geschlagen. Er hat erforscht, wie Einzeller mit Hilfe eines Proteinfarbstoffs Lichtenergie in chemische Energie umwandeln. Mit Kollegen gründete er die Firma MIB, die etwa Sicherheitsunternehmen die auf dieser Grundlage entwickelten Farbstoffe anbietet. Damit werden Dokumente fälschungssicher gemacht.

Mit wie viel Geld die Landesregierung die Biotechnologie unterstützt, kann im Wirtschaftsministerium niemand sagen, denn in die Branche fließt Geld aus vielen verschiedenen Töpfen. Die Opposition schätzt, dass es im Jahr mehrere 100 Mio.Euro Eurosind. „Es gibt einen Dschungel aus Förderprogrammen“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion, Martin Runge. Aus Sicht der Grünen ist die Mittelvergabe nicht transparent genug. Außerdem werfen sie der Landesregierung vor, sie hake nicht nach, was mit dem Geld passiert. Laut Runge werden auch Unternehmen gefördert, die nicht darauf angewiesen sind: „Wir meinen, dass es Mitnahmeeffekte und Spezlwirtschaft gibt.“

Zitat:

“ „Es gibt einen Dschungel aus Förder-programmen“ “ – Martin Runge,Die Grünen –

Bild(er):

Eine Forscherin untersucht Herzzellen von Ratten bei der Firma Medigene in Martinsried bei München – STOCK4B

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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