Herbert Fromme Die Spartentrennung gehört zu den heiligen Kühen der Versicherungsaufsicht in Deutschland. Schaden- und Unfallversicherung, Lebensversicherung und Krankenversicherung müssen in separaten Gesellschaften betrieben werden. Der Grund: Kunden der Lebens- und Krankenversicherung sollen nicht dem Risiko ausgesetzt werden, dass ein Großschaden in der volatileren Schadenversicherung eine Gesellschaft an den Rand des Zusammenbruchs bringt. Die Kapitalanlagen der Personenversicherer will man so vor den eher kurzfristigen Schwankungen des Schaden- und Unfallgeschäfts schützen.
Der momentan zu beobachtende Großumbau in der deutschen Assekuranz führt allerdings die Spartentrennung ad absurdum. Beispiel Allianz: In der neuen Struktur des Marktführers hat die Allianz Leben – Europas größter Lebensversicherer – weder einen eigenen Vertrieb noch eine eigene Kapitalanlage. Den Vertrieb besorgt die neue Allianz Vertriebsgesellschaft, die unmittelbar der neuen Deutschlandholding gehört. Auch die Kapitalanlage wird auf Ebene der Holding organisiert, der dort zuständige Vorstand Karl-Hermann Lowe ist nicht Mitglied des Vorstands der Allianz Lebensversicherung. Sogar die Kundenbetreuung soll künftig so weit wie möglich spartenübergreifend organisiert werden. Unter der Vollmacht des Vorstands der Allianz Leben bleiben Produktentwicklung und ein Teil der Verwaltung.
Faktisch fusioniert die Allianz ihre Versicherer spartenübergreifend zu einer Gesellschaft, rechtlich müssen sie noch getrennt bleiben. Das gilt nicht nur für den Marktführer. Auch AMB Generali, Axa und viele andere haben ähnliche Pläne. Die Finanzaufsicht BaFin, die all diesen Veränderungen wegen des Gebots der Spartentrennung zustimmen muss, sollte ehrlich sein. Die Spartentrennung ist offensichtlich am Ende. Dann sollte man sie auch beerdigen. Schutzmechanismen für die Versicherten gibt es bereits, oder sie werden gerade eingeführt.
Herbert Fromme ist Versicherungskorrespondent der FTD.
e-mail fromme.herbert@ftd.de
Quelle: Financial Times Deutschland
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