Versicherer sticht Wettbewerber im Neugeschäft aus · Privatkundengeschäft schwächelt deutlich
Von Herbert Fromme, Stuttgart Die Allianz Lebensversicherung wird Mitte 2006 ein so genanntes „Vorsorgekonto“ einführen, mit dem Privatkunden auf einen Blick die Entwicklung aller Ersparnisse – auch bei anderen Anbietern – und Vorsorgemaßnahmen erkennen können. Damit will der Marktführer in der deutschen Lebensversicherung seine Vertreter beim schwierigen Absatz von Rentenversicherungen unterstützen. 2005 konnte das Unternehmen deutlich bessere Wachstumszahlen als die Konkurrenz vorlegen. Sie beruhten allerdings vor allem auf dem Großgeschäft mit Firmen.
„Der Verkaufsprozess ist jetzt wirklich ein anderer“, sagte der Vorstandsvorsitzende Maximilian Zimmerer zum Privatkundensegment. Bis Ende 2004, als die volle Steuerfreiheit der Erträge aus Kapitallebens- und Rentenversicherungen abgeschafft wurde, habe das Steuerargument oft im Vordergrund des Verkaufsgesprächs gestanden. Heute gehe es um echte Vorsorgeberatung. „Hier muss nicht nur der Kunde umdenken, sondern auch unser Vertreter“, sagte Zimmerer, der am 1. Januar Gerhard Rupprecht ablöste. Rupprecht leitet jetzt die neue Deutschlandholding der Allianz.
Künftig werde es nicht mehr ein dominierendes Angebot der Lebensversicherer geben, wie es die Kapitalversicherung war. „Wir bekommen eine größere Bandbreite an Produkten, das ergibt sich aus der Natur der Sache“, sagte Zimmerer. Die neue Indexpolice mit einem höheren Aktienanteil sei eher für risikoaffine Kunden, Riester eher für Gruppen mit niedrigem Einkommen. „Das erhöht die Komplexität deutlich“, sagte Zimmerer. Entsprechend werde die Ausbildung der Vertreter forciert.
Damit reagiert der Marktführer auch auf den scharfen Einbruch im Neugeschäft. Die Beitragssumme ging von 1,8 Mrd. Euro im Boomjahr 2004 auf 0,7 Mrd.Euro 2005 zurück. In diesem Segment hat die Allianz Leben 2005 nur einen Marktanteil von 11,4 Prozent erreicht. Das ist deutlich weniger als ihr Gesamtmarktanteil von 23,3 Prozent. Die Steigerung bei den Riester-Verträgen von 28 000 auf 203 000 änderte an dieser Schwäche nichts.
Auftrumpfen konnte Allianz Leben im Großkundengeschäft: Unternehmen nutzten die bessere Gewinnsituation, um ihre Pensionsrückstellungen auszufinanzieren. Dazu kommt die 2002 eingeführte Entgeltumwandlung als neue Form der betrieblichen Altersversorgung. Die Neubeiträge im Firmensegment stiegen um 18 Prozent von 1,4 Mrd. Euro auf 1,6 Mrd. Euro. Sie machten den größten Teil des Neugeschäfts gegen Einmalbeitrag aus, das insgesamt von 1,9 Mrd. Euro auf 2,9 Mrd. Euro zulegte. „Zurzeit macht das Firmenkundengeschäft 20 Prozent unseres Bestandes und 40 Prozent des Neugeschäfts aus, langfristig erwarten wir auch 40 Prozent im Bestand“, sagte Vorstand Michael Hessling.
Mit dem Rückenwind des Firmengeschäfts konnte Allianz die Wettbewerber ausstechen – ihr gesamtes Neugeschäft ging nur um 2,8 Prozent zurück, das des Marktes um 23 Prozent, sagte Zimmerer.
Der Allianz-Konzern, dem 91 Prozent der Leben-Aktien gehören, erhält eine von 220 Mio. Euro auf 287 Mio. Euro erhöhte Dividende.
Zum Umbau des Allianz-Konzerns und zu den Auswirkungen auf die Arbeitsplätze wollte Zimmerer nichts sagen. „Das werden wir im Juni bekannt geben.“ Der bisherige Vertrieb des Lebensversicherers mit rund 100 Agenturen wurde für 2,4 Mio. Euro an die neue Allianz-Vertriebsgesellschaft verkauft. Dort soll sie mit der Organisation zusammengelegt werden, die vor allem private Krankenversicherungen verkauft, sagte er.
Zitat:
„Auch der Vertreter muss umdenken“ – Maximilian Zimmerer, Chef Allianz Leben –
Bild(er):
Freude am Geschäft mit Betriebsrenten: Die Führungsriege der Allianz-Leben mit Chef Maximilian Zimmerer (2. v. l.) gestern in Stuttgart – FTD/Frank Eppler
Quelle: Financial Times Deutschland
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