Gut zwei Drittel der Mittelständler geben an, dass soziales Engagement ihnen den Weg zu neuen Kunden und Mitarbeitern bahnt. Vielen Firmen fehlt jedoch eine langfristige CSR-Strategie
VON Friederike Krieger Das gesellschaftliche Engagement des mittelständischen EDV-Dienstleisters Columbus begann im Privaten. „Der Impuls stammte von unserer Tochter“, sagt Unternehmensinhaber Götz-Wolf Wagener. Als Kunststudentin führte sie ihrem Vater vor Augen, wie schwer es ist, als Neuling im Kunstbetrieb Fuß zu fassen. „Die Künstler fallen buchstäblich in ein Loch“, sagt Wagener. Er schrieb Akademien und Galerien an, um Kontakte zu jungen Künstlern zu knüpfen – ohne Erfolg. Die Galerien sahen in ihm eine Konkurrenz, die Akademien bezweifelten die Ernsthaftigkeit seines Engagements. „Es fehlte uns an Professionalität“, erklärt Wagener. Also nahm er sich den Künstler Florian Schmid als Berater zur Seite, formulierte mit ihm ein Förderkonzept und begann, selbst an Kunsthochschulen nach geeigneten Nachwuchstalenten zu suchen.
Heute betreut die Columbus Art Foundation 34 junge Künstler. Sie kauft eine Auswahl ihrer Werke an, stellt sie in der unternehmenseigenen, 500 Quadratmeter großen Kunsthalle in Ravensburg aus und übernimmt die Öffentlichkeitsarbeit für die Nachwuchstalente. Neben dem Berater Schmid beschäftigt Columbus inzwischen noch eine Kuratorin und zwei Hilfskräfte, die sich um die künstlerische Nebentätigkeit kümmern. Rund 300 000 Euro investiert das Unternehmen jährlich in die Art Foundation.
Wagener ist nicht der Einzige, der sich engagiert. Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) sind in Deutschland zwei von fünf mittelständischen Unternehmen mindestens einmal im Jahr für das Gemeinwesen aktiv. „Die meisten mittelständischen Unternehmen engagieren sich auf Grund der persönlichen Überzeugung ihrer Inhaber und nicht wie die großen Unternehmen auf Druck der Shareholder“, sagt Joachim Schlange, Geschäftsführer des CSR-Beratungsunternehmens Systain Consulting. Das mache das Engagement glaubwürdiger.
Aktiv sind die Mittelständler vor allem in den Bereichen Umwelt und Soziales, so Peter Kromminga, Vorsitzender der Initiative „Unternehmen: Partner der Jugend“ (UPJ). „Im Handwerk ist es durchaus üblich, Mitarbeiter für gemeinnützige Arbeiten wie die Renovierung eines Jugendzentrums freizustellen“, sagt er. Solche Aktivitäten können sich für Mittelständler wirtschaftlich rentieren. Von 175 Betrieben, die sich um den Handwerkspreis 2005 beworben hatten, gaben fast 70 Prozent an, dass die Übernahme gesellschaftlicher Verpflichtungen zur Neuerschließung von Kundenkreisen beigetragen habe. Columbus-Chef Wagener zeigt sich von der positiven Außenwirkung seines Kulturprojekts überzeugt: „Den Stellenwert, den wir heute in der EDV-Branche besitzen, hätten wir ohne CSR nicht erreicht“. Werte wie Ernsthaftigkeit und Langfristigkeit, die das Kulturengagement vermittle, hätten sich auch positiv auf die Unternehmenskultur und das Betriebsklima ausgewirkt. „Das erleichtert uns, neue Mitarbeiter zu finden und unsere Fachkräfte zu halten“, sagt er.
Die wenigsten Mittelständler gehen CSR allerdings so strukturiert an wie Columbus. „Das Engagement ist oft sehr intuitiv. Es fehlt an dauerhaften Strategien“, sagt Kromminga. Eine Untersuchung der Europäischen Union ergab, dass viele kleine und mittelständische Unternehmen in sozial verantwortliche Aktivitäten involviert sind, ohne das CSR-Konzept überhaupt zu kennen. Für eine CSR-Beratung fehlt häufig das Geld.
Auch wenn es darum geht, Aktivitäten publik zu machen, würden Mittelständler viele Chancen verschenken, sagt Schlange. „Viele Unternehmen besitzen eine große Treue gegenüber ihrem Stammsitz, die wenigsten reden darüber aber so offensiv wie Trigema“, sagt er. Der Textilhersteller ist mit seiner Werbung vor der „Tagesschau“ bekannt geworden. In den Spots betont Unternehmensinhaber Wolfgang Grupp, dass er am Produktionsstandort Deutschland festhält.
Doch gewinnt strategisches Herangehen an CSR zunehmend an Bedeutung. „Global Player überprüfen immer stärker die Rolle ihrer mittelständischen Zulieferer“, erklärt Kromminga. Unternehmen mit CSR-Aktivitäten würden häufig als Kooperationspartner bevorzugt.
Teilweise sei CSR sogar die Voraussetzung, um eine Geschäftsbeziehung überhaupt beginnen zu können. Auch im Rahmen der Kreditrichtlinie Basel II würden weiche Faktoren eine immer größere Rolle spielen. „Mit der Globalisierung kommen noch viele Herausforderungen auf die Mittelständler zu, was CSR anbelangt“, sagt Schlange.
Zitat:
“ „Global Player überprüfen die Rolle ihrer mittelständischen Zulieferer“ “ – Peter Kromminga, „Unternehmen:Partner der Jugend“ –
Bild(er):
Die Art Foundation des IT-Unternehmens Columbus unterstützt junge Künstler wie Olaf Quantius, hier ein Ausschnitt seines Werks „Danaide (bleck)“ – Columbus Art Foundation
Quelle: Financial Times Deutschland
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