Fitch zieht Studien zurück

Rating-Agentur räumt im Streit mit Versicherern Fehler ein · Vorgehen wird aber nicht geändert

Die britische Rating-Agentur Fitch hat im Streit mit deutschen Versicherern eingestanden, dass Analysten handwerkliche Fehler bei der Erstellung von Studien unterlaufen sind. Die sechs Veröffentlichungen und Newsletter für Versicherungsmakler zieht Fitch zwar zurück, bleibt in einem anderen zentralen Punkt aber hart: Die Agentur hält daran fest, bei Veröffentlichungen nicht zu kennzeichnen, welche Ratings mit und welche ohne Zusammenarbeit mit den bewerteten Unternehmen entstanden. „Dadurch entstehen Wettbewerbsverzerrungen“, kritisierte ein Sprecher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Der Verband hatte im Februar ein formales Beschwerdeverfahren gegen die britische Agentur eingeleitet – das erste Verfahren überhaupt. Versicherer werfen Fitch vor, mit der Veröffentlichung so genannter nichtinteraktiver Ratings, bei denen die Unternehmen nicht mitwirken, Druck auszuüben, damit diese eine Bewertung in Auftrag geben. Mit dem jetzigen Stand sind für die Versicherer alle Beschwerdemöglichkeiten ausgeschöpft. „Wir regen an, eine Schiedsstelle einzurichten“, sagte der Sprecher.

Rating-Agenturen wie Fitch, Standard & Poor’s oder Moody’s bewerten die Finanzstärke und Kreditwürdigkeit von Unternehmen. Sie unterscheiden zwischen interaktiven Ratings mit Mitwirkung der Unternehmen und nichtinteraktiven, die auf veröffentlichten Informationen beruhen.

Für viele Versicherer haben die Beurteilungen existenzielle Bedeutung. Für Großkunden ist ein gutes Rating ein zentrales Argument beim Versicherungskauf, für Versicherungsmakler die Voraussetzung für die Vermittlung von Geschäft.

Kleinere Gesellschaften mit wenigen Großkunden meiden ein Rating, weil sie bei einem schlechten Ausgang einen Imageschaden fürchten. Deshalb hatte Fitch mit der ungefragten Bewertung aller deutschen Versicherer große Aufregung in der Branche ausgelöst.

Trotz der großen Bedeutung der Ratings gibt es keine nationale oder internationale Aufsicht über die Agenturen. Die internationale Vereinigung der Finanzaufseher, die International Organization of Securities Commissions (Iosco), hat 2004 einen Verhaltenskodex für Rating-Agenturen verabschiedet, der auch ein formales Beschwerdeverfahren vorsieht. Im Februar hatte der GDV eine Beschwerde bei Fitch eingereicht, auf die die Agentur jetzt geantwortet hat.

Der GDV warf der Agentur handwerkliche Fehler vor. Fitch räumte unter anderem ein, bei Studien über Lebensversicherer Schuldverschreibungen doppelt gezählt zu haben, bestreitet aber Verstöße gegen den Kodex. „Es gab Probleme bei der Ermittlung von Sicherheitskennzahlen. Da haben unsere Analysten Fehler gemacht“, sagte Richard Hunter, Regional Credit Officer bei Fitch. Dies betreffe keine Ratings, sondern nur Studien.

Dieser Imageschaden dürfte bei Versicherungsmanagern Schadenfreude hervorrufen. Vielen ist noch in Erinnerung, dass die Rating-Agentur in der Krise der deutschen Lebensversicherer immer wieder Publikationen veröffentlicht hatte, in denen sie den Untergang vieler Unternehmen prophezeite.

Bei der Interpretation des Kodex sind sich GDV und Fitch in wichtigen Punkten uneinig. Die Versicherer kritisieren, dass die Agentur bei der Veröffentlichung der Ratings nicht kennzeichnet, ob sie mit oder ohne Mitwirkung der Unternehmen entstanden. Auch in der Vergangenheit habe Fitch bei Erstveröffentlichungen immer auf diesen Sachverhalt hingewiesen, sagte Hunter. „Es gab aber Irritationen, was interaktiv bedeutet.“ Bei der Erstveröffentlichung will die Agentur jetzt klarer herausstellen, in wessen Auftrag und unter wessen Mitwirkung das Rating erfolgt, bei Folgeveröffentlichungen aber nicht. „Es wäre irreführend, wenn wir jedes Mal sagen würden, wer ein Rating bezahlt hat und wer nicht“, sagte Hunter.

Das sieht der GDV anders. „Wir halten es für falsch, wenn in Tabellen oder Sonderpublikationen für Makler interaktive und nichtinteraktive Ratings nebeneinander stehen“, sagte der Sprecher. Wegen der unterschiedlichen Methoden seien die Ratings nicht vergleichbar. Deshalb führten etwa Rankings ohne diese Information zu Wettbewerbsverzerrungen. Gescheitert ist der GDV auch mit der Forderung, dass Unternehmen zwei bis drei Tage vor Veröffentlichung eines Ratings informiert werden.

Bild(er):

Handwerkliche Fehler bei einigen Studien hat die Rating-Agentur Fitch eingestanden. Ein „A“ als Note hätten die Analysten kaum verdient – Holzwurm/Mediacolor

www.ftd.de/fitch

Anja Krüger

Quelle: Financial Times Deutschland

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