MLP-Aktie steckt Gewinnwarnung weg

Anleger nutzen Kurseinbruch als günstigen Einstieg · Wegen schlechten Altersvorsorge-Absatzes muss Vertriebschef gehen

Von Herbert Fromme, Köln E ine Gewinnwarnung vom späten Montagabend und die Entlassung des Vertriebsvorstands haben gestern starke Turbulenzen bei der Aktie des Finanzvertriebs MLP ausgelöst. Zwischenzeitlich verlor das Papier in einem starken Umfeld knapp zehn Prozent seines Werts und fiel auf ein Tagestief bei 13,32 Euro. Doch gegen Mittag fing sich die Aktie wieder, als zahlreiche Anleger das günstige Kursniveau zum Wiedereinstieg nutzten und für auffallend hohe Umsätze sorgten. Die Aktie schloss 1,5 Prozent höher.

Auch Übernahmefantasien mögen eine Rolle gespielt haben. Mit 1,63 Mrd. Euro Börsenwert ist MLP zurzeit in der Reichweite manches Rivalen und von Versicherern oder Banken, die sich durch einen Zukauf Vertriebskraft sichern wollen. Vorstandschef Uwe Schroeder-Wildberg sagte jedoch in der gestrigen Telefonkonferenz, dass Gründer Manfred Lautenschläger seinen Anteil von 29 Prozent halten wolle.

MLP hatte am Montag nach Börsenschluss die Gewinnprognose für 2006 von 120 Mio. Euro auf „mindestens 90 Mio. Euro“ drastisch gesenkt. Zudem musste der Vertriebsvorstand Eugen Bucher gehen, weil Schroeder-Wildberg mit dem Absatz von Altersvorsorgeprodukten unzufrieden ist. „Wir haben unser Marktpotenzial in unserer Kernkompetenz Altersvorsorge nicht ausgeschöpft“, sagte er als Begründung für Buchers Entlassung. Schroeder-Wildberg nimmt zunächst selbst die Funktion des Vertriebschefs wahr. Mit der Suche nach einem Nachfolger seien Personalberater beauftragt.

MLP vertreibt über freiberufliche Vertreter Versicherungen und andere Finanzangebote. Nach dem Verkauf von MLP Leben und MLP Versicherung im Jahr 2005 hat das Unternehmen keine eigenen Assekuranzgesellschaften mehr, wohl aber noch eine kleine Bank. Der Provisionsumsatz aus dem Vertrieb belief sich im ersten Halbjahr auf 198 Mio. Euro, eine deutliche Steigerung um zehn Prozent. Allerdings beruht das allein auf dem fast automatischen Anstieg der Riester-Prämien zu Jahresbeginn. Das sorgte für 25 Mio. Euro Provisionseinnahmen. Dazu kommen Sonderprovisionen von knapp 3 Mio. Euro aus Vertriebsvereinbarungen mit Clerical Medical, dem Käufer der MLP Leben. Ohne diese Sonderfaktoren wären die Gesamtprovisionen um fast sechs Prozent zurückgegangen, die aus Altersvorsorge sogar um 17 Prozent.

„Grund dafür sind Defizite in der internen Vertriebssteuerung und der Konsequenz in der vertrieblichen Umsetzung“, sagte Schroeder-Wildberg. Das Unternehmen habe Anfang 2006 bewusst den Schwerpunkt auf die private Krankenversicherung und Kapitalanlagen gelegt. „Allerdings ging dabei der ausreichende Fokus auf die Altersvorsorge verloren.“ Intern wird Bucher vorgeworfen, nicht hart genug vorgegangen zu sein.

Auch mit der Entwicklung der Vertreterzahl ist Schroeder-Wildberg unzufrieden. Statt 2524 Ende März 2006 verkaufen jetzt 2533 Vertreter für MLP, nur neun mehr. Die Fluktuation sei niedrig und bewege sich bei rund zwölf Prozent. Offenbar gelingt es MLP aber nicht, neue Vertriebler zu gewinnen. Auch das wird Bucher angelastet. An dem Ziel, bis Ende 2007 3000 Vertreter zu beschäftigen, hält MLP fest.

Die Krise bei MLP ähnelt in vielem der beim Rivalen AWD im Jahr 2005. Bei beiden wirkte sich die Reform der Altersvorsorge durch die Bundesregierung katastrophal aus. Mit Wirkung Ende 2004 schaffte Berlin das volle Steuerprivileg der Kapitallebensversicherung ab, stattdessen werden Riester- und Rürup-Renten sowie die betriebliche Altersversorgung besonders gefördert.

Mühselig mussten sich die Vertreter von MLP und AWD die neuen, komplizierten Angebote aneignen. Bei AWD zog Unternehmenschef Carsten Maschmeyer die Zügel deutlich an, trennte sich von 200 Vertretern und erhöhte den Druck bei den übrigen. Bei MLP gibt es noch hausgemachte Probleme. Das Unternehmen hat schwer unter den Vorwürfen der Bilanzfälschung gelitten, die Vorstandschef Bernhard Termühlen 2003 den Job kosteten. Auch die Strategieschwenks sind nicht einfach für die Mitarbeiter. Schroeder-Wildberg will einerseits einen unabhängigen Vertrieb, flirtet andererseits aber mit einem Einstieg oder sogar, wie Insider glauben, Mehrheitserwerb beim Vermögensverwalter Feri.

Zitat:

„Wir haben unser Potenzial nicht ausgeschöpft“ – MLP-Chef Uwe Schroeder-Wildberg –

Bild(er):

Übersichtlicher Eingangskorb: MLP-Chef Schroeder-Wildberg hat noch einiges abzuarbeiten, während die Vertragsabschlüsse für Altersvorsorgeprodukte weiter auf sich warten lassen

Quelle: Financial Times Deutschland

Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.

Diskutieren Sie mit