Neues Recht bringt Versicherern Geschäft

Unternehmen suchen Schutz gegen mögliche Folgen des Gleichbehandlungsgesetzes · Kaum Diskriminierungspolicen im Angebot

VON Anja Krüger und Herbert Fromme, Köln Deutsche Unternehmen suchen nach Versicherungen, die Risiken aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) abdecken. Das Interesse der Kunden sei schon im Vorfeld der Verabschiedung des Gesetzes groß gewesen, berichten Versicherer und Makler. „Wir erwarten einen Run auf die Verträge“, sagte Ulrike Buscher vom Versicherungsmakler Funk Gruppe in Hamburg.

Bundespräsident Horst Köhler hatte am Montag das als Antidiskriminierungsgesetz bekannt gewordene AGG unterzeichnet. Damit kann es nun in Kraft treten. Es verbietet Diskriminierung auf Grund von Geschlecht, Herkunft, Alter, Behinderung, Weltanschauung oder sexueller Orientierung. Unternehmen fürchten, dass Mitarbeiter oder Bewerber Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Diskriminierung erstreiten könnten.

„Das Risikobewusstsein der Kunden ist enorm gestiegen“, sagte Buscher, die davon ausgeht, dass viele Versicherer bis Ende 2006 AGG-Policen auf den Markt bringen. Vorbild sind die Angebote aus den USA, die als Employment Practices Liability Insurance (Arbeitsverhältnis-Haftpflichtversicherung) oder EPLI bekannt geworden sind.

„Wir erwarten eine spürbare Zunahme der Nachfrage“, bestätigte eine Sprecherin der Zürich-Versicherungsgruppe. EPLI-Verträge würden sich auch in Deutschland etablieren. „Wir sehen eine ähnliche Entwicklung wie bei D&O.“ Die Directors‘ & Officers‘ Liability Insurance (D&O) oder Managerhaftung ist bei deutschen Großunternehmen Standard, war aber vor 15 Jahren noch fast unbekannt.

US-Versicherer AIG hat bereits rund 20 EPLI-Policen mit weltweiter Geltung an deutsche Großunternehmen verkauft. Deren Hauptinteresse ist die Deckung in Ländern wie den USA. In Kürze will die deutsche AIG-Tochter eine EPLI-Police für kleinere Unternehmen auf den Markt bringen.

In den USA gehören EPLI-Policen seit Anfang der 90er Jahre für Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern zum Standard. Die meisten Diskriminierungsklagen werden von Mitarbeitern nach Kündigungen erhoben. Rund 50 Gesellschaften bieten Verträge an, die Zürich-Gruppe gehört nach eigenen Angaben zu den drei führenden EPLI-Versicherern. In Deutschland verkauft Zürich EPLI-Policen wie AIG vor allem an Unternehmen, die Risiken weltweit decken wollen. Für eine niedrigere Prämie können Kunden aber auch nur deutsche Risiken versichern. Die zur Hannoveraner Talanx gehörende Gerling-Gruppe bietet ebenfalls EPLI-Deckungen mit weltweiter Gültigkeit an. „Wir verzeichnen auf Grund der Diskussion über das Gesetz eine steigende Nachfrage“, sagte eine Sprecherin. Gerling hatte außerdem eine spezielle Rechtschutzversicherung für Antidiskriminierungsrisiken auf den Markt gebracht. Diese Policen decken lediglich die Gerichtskosten und nicht die möglichen Entschädigungszahlungen. „Das Interesse hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen“, sagte die Sprecherin. Es seien bereits Verträge verkauft worden, Zahlen nannte sie nicht. „Wir gehen davon aus, dass das ein Renner wird“, sagte sie.

Zitat:

„Wir erwarten einen Run auf die Verträge“ – Ulrike Buscher, Funk Gruppe –

www.ftd.de/policen

Quelle: Financial Times Deutschland

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