Arag streicht fast jede zehnte Stelle

Rechtsschutzspezialist baut 300 Arbeitsplätze ab · Anteil an Janolaw gekauft · FTD-Interview mit Chef Faßbender

Von Herbert Fromme, Düsseldorf Der Düsseldorfer Versicherungskonzern Arag hat einen erheblichen Stellenabbau angekündigt. Durch den Kauf von 25,01 Prozent am Rechtsdienstleister Janolaw in Sulzbach soll gleichzeitig der Kundendienst verbessert werden. „Wir haben deutliche Überkapazitäten ausgemacht“, sagte Konzernchef und Inhaber Paul-Otto Faßbender im FTD-Interview zu den Stellenstreichungen.

Es gebe heute zu viel Doppelarbeiten, das neue IT-System erlaube eine schnellere, abschließende Bearbeitung. Von den 1224 Vollzeitarbeitsplätzen im Innendienst der Arag Rechtsschutz sollen bis Ende 2007 insgesamt 300 wegfallen. Das entspricht etwa 330 Mitarbeitern.

„Wir versuchen, das so weit wie möglich ohne betriebsbedingte Kündigungen zu erreichen“, sagte Faßbender. Gespräche mit den Betriebsräten würden geführt. Die möglichen Kosten des Abbaus bezifferte er mit einem „niedrigen zweistelligen Millionenbetrag“. Der Umbauplan wurde mit Hilfe der Beratungsfirma Boston Consulting erarbeitet, die auch für die Allianz tätig ist.

Insgesamt hat der Arag-Konzern heute 3421 Vollzeitstellen im In- und Ausland. In den letzten drei Jahren hat er bereits 843 Stellen abgebaut. Der Konzern erzielte 2005 Beitragseinnahmen von 1,3 Mrd. Euro und konnte den Gewinn von 16 Mio. Euro auf 34 Mio. Euro mehr als verdoppeln.

Die Arag-Ankündigung ist die jüngste in einer Reihe von schlechten Nachrichten für die Assekuranzbeschäftigten. Die Allianz will 5700 Stellen streichen, Zurich 1000. Im Talanx-Konzern sollen nach der Gerling-Übernahme 1800 Stellen wegfallen.

„Ich habe den Ehrgeiz, aus der Arag nicht nur ein gesundes, sondern eines der besten Versicherungsunternehmen im Markt zu formen“, sagte Faßbender. Er führt seit Februar 2000 das Unternehmen, nachdem er eine erbitterte Familienfehde um die unternehmerische Kontrolle gegen seinen Cousin Ludwig für sich entschieden hatte.

Die Arag habe in den letzten Jahren im Inland kontinuierlich Geschäft verloren und in der Rechtsschutzversicherung nur noch einen Marktanteil von elf Prozent, begründete Faßbender den Stellenabbau. „Anfang der 60er Jahre waren es 47 Prozent.“ Teil des Problems seien die Kosten. „Mit einer Kostenquote von 41,4 Prozent der Beitragseinnahmen ist unser Rechtsschutzversicherer Kostenführer im negativen Sinn“, sagte Faßbender. Der Konzern als Ganzes komme auf 32,8 Prozent. Die Maßnahmen sollen die Ausgaben ab 2008 um 18 Mio. Euro jährlich senken.

Auch die höheren Aufwendungen für Rechtsanwaltsgebühren durch das neue Vergütungsgesetz sowie die geplante Erhöhung von Mehrwert- und Versicherungsteuer wirkten sich negativ aus. Da müsse das Unternehmen gegensteuern. „Wir wollen auch in unserem Kerngeschäft Rechtsschutz in Deutschland wieder wachsen“, sagte der Arag-Chef. Der Umbau schließt eine Zentralisierung der Schadenbearbeitung ein. „Wir werden die zehn Außenbüros für die Schadenbearbeitung schließen“, sagte Faßbender. „Wir haben festgestellt, dass für die Kunden die regionale Schadenbearbeitung kein wichtiger Faktor ist.“

Faßbender will Kundenservice und -bindung deutlich stärken. Dazu hat die Gruppe in ihren Rechtsschutzpolicen die Kosten für eine juristische Erstberatung zu jedem beliebigen Problem durch einen von ihr benannten Anwalt übernommen. Um diese Dienstleistung anbieten zu können, hat Faßbender 25,01 Prozent an Janolaw gekauft. An Janolaw hängt eine Kanzlei mit 25 Anwälten. „Die werden diese Zahl jetzt wohl deutlich ausbauen“, erwartet Faßbender. Mehrheitseigner von Janolaw bleiben die beiden Anwälte Ha-Sung Chung und Michael Zahrt.

Das angepeilte weitere Wachstum kann Faßbender zufolge ohne Börsengang finanziert werden. „Wir sind und bleiben im Familienbesitz“, sagte er. Die Arag habe bereits im August 2005 erfolgreich eine nachrangige Anleihe über 50 Mio. Euro platziert. „Ich könnte mir zur gegebenen Zeit eine Folgeanleihe vorstellen.“

Zitat:

„Wir haben deutliche Überkapazitäten ausgemacht“ – Arag-Chef Paul-Otto Faßbender –

Bild(er):

Arag-Chef und Eigner Paul-Otto Faßbender führt die Gruppe seit 2000

Quelle: Financial Times Deutschland

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