Französischer Rückversicherer gilt als chancenreicher Übernahmeinteressent · Entscheidung noch diese Woche möglich
Von Herbert Fromme, Baden-Baden Der französische Rückversicherer Scor bietet nach FTD-Informationen aus Assekuranzkreisen für Scottish Re und gilt als einer der aussichtsreichsten Interessenten für die Übernahme des Rivalen. In den Kreisen wird mit einer Vorentscheidung noch in dieser Woche gerechnet – wenn die US-Investmentbank Goldman Sachs die bisherigen Angebote für den drittgrößten Lebensrückversicherer auf dem US-Markt geprüft habe. Dessen Marktkapitalisierung beträgt aktuell 560 Mio. $, der Buchwert ist doppelt so hoch.
Interesse an Scottish Re sollen auch die Konkurrenten Hannover Rück und Reinsurance Group of America sowie die US-Finanzgruppe Wachovia geäußert haben. Allerdings sei der Enthusiasmus in Hannover nach Prüfung der Scottish-Re-Bestände abgekühlt, heißt es. Die für ihren Appetit auf die Abwicklung von Lebensversicherungsbeständen bekannte Swiss Re hat dagegen abgewinkt.
Scottish Re ist auf den Cayman Islands registriert und hat ihren Hauptsitz auf Bermuda. Das Unternehmen hatte im zweiten Quartal unerwartet einen hohen Verlust von 122 Mio. $ erlitten. Der Rückversicherer hatte mit knappem Eigenkapital einen Riesenbestand zusammengekauft und sich dabei auf Fremdfinanzierungen verlassen. Die Expansion rächt sich: Die Ratingagenturen haben ihre Bewertung drastisch verschlechtert. Nun wird es sehr viel schwerer für Scottish Re, frisches Geld zu bekommen. Nur mit Mühe konnte das Unternehmen Anfang Oktober ein Darlehen über 120 Mio. $ vorweisen. „Als Folge der Ereignisse trocknet der Neugeschäftszufluss aus“, erklärte William Pargeans von der US-Ratingagentur AM Best.
Scottish Re ist erst seit 1999 aktiv. Das Unternehmen bietet US-Lebensversicherern Rückversicherungsschutz – eine Mischung aus Finanzierungsgeschäften und der Übernahme biometrischer Risiken wie dem Sterblichkeitsrisiko oder der Lebenserwartung bei Rentenversicherungen. In kurzer Zeit übernahm der Newcomer eine Reihe von Konkurrenten und Beständen, darunter 2004 den der ING-Gruppe. Zugleich wuchs der Konzern stark intern. Der Gesamtbestand beträgt mehr als 1000 Mrd. $ versicherte Summen. Mehr als 60 Prozent davon entfallen auf das frühere ING-Portfolio, das schon 2004 viele Interessenten geprüft hatten. „Seither hat sich die Qualität des Bestandes noch verschlechtert, weil Scottish Re Gewinne rausgezogen hat“, sagte ein mit der Situation vertrauter Manager. Ein anderer sagte, Scottish Re habe „unglaubliches Chaos“ angerichtet.
Mit Nettoprämien von 1,94 Mrd. $ war Scottish Re 2005 die Nummer 16 im Rückversicherungsmarkt, Scor lag mit 2,69 Mrd. $ auf Rang 13. Scor hat 2006 bereits den deutschen Lebensrückversicherer Revios mit Nettoprämien von 1,27 Mrd. $ gekauft. Gelingt der Zukauf, wäre Scor global die Nummer sechs. Scor-Chef Denis Kessler hatte der FTD Anfang Juli gesagt, dass auch nach der Revios-Übernahme weitere Zukäufe möglich sind: „Prinzipiell sind wir weiter auch an externem Wachstum interessiert.“ Noch 2004 galt Scor wegen großer finanzieller Probleme als Sorgenkind. Seitdem hat sich das Unternehmen positiv entwickelt. Allerdings wird im Markt befürchtet, dass eine Übernahme von Scottish Re mittelfristig zu erheblichen Problemen für Scor führen könnte.
Bild(er):
Schottenhose im Bermuda-Stil: Nach seiner groß angelegten und riskantenExpansion steht der auf der britischen Atlantikinsel beheimatete Rückversicherer Scottish Re jetzt zum Verkauf
Quelle: Financial Times Deutschland
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