Lloyd’s-Versicherer fusionieren

Catlin übernimmt Wellington · Zusammenschluss stärkt Londoner Markt

Von Titus Kroder, London,und Herbert Fromme, Köln Am Versicherungsmarkt Lloyd’s of London schält sich ein neuer Marktführer heraus: Das in Bermuda beheimatete und vor allem in London aktive Versicherungsunternehmen Catlin Group kündigte gestern an, den Rivalen Wellington Underwriting für 591 Mio. £ (884 Mio. Euro) zu übernehmen. Wellington-Aktionäre erhalten 35 Pence bar sowie 0,17 Catlin-Aktien je eigenen Anteil.

Durch die Fusion entsteht mit einem Bruttoprämienvolumen von 1,9 Mrd. Euro der größte Teilnehmer am traditionsreichen Marktplatz Lloyd’s, auf dem Spezialversicherungen für Firmenkunden in der ganzen Welt sowie Rückversicherungsdeckungen abgeschlossen werden. Branchenexperten begrüßten die Fusion. Wellingtons Aktienkurs reagierte auf die Nachricht mit einem Anstieg um 5,6 Prozent auf 118 Pence. Der gebotene Übernahmepreis liegt bei 121 Pence. Die Aktien von Catlin gaben um 3,3 Prozent auf 492 Pence nach.

Catlin und Wellington verwalten gegen Gebühr Syndikate, in denen sich Geldgeber zusammengeschlossen haben. Bis vor wenigen Jahren waren das vor allem Privatleute, die sogenannten Names. Heute stellen Unternehmen den Großteil des bei Lloyd’s eingesetzten Kapitals – darunter auch Wellington und Catlin selbst. Wellington betreut das Syndikat 2020, dessen Kapital zu zwei Dritteln von Unternehmen aus der Wellington-Gruppe stammt. Ein Drittel steuern außenstehende Investoren bei. Das von Catlin betriebene Syndikat 2003 arbeitet dagegen ausschließlich mit Catlin-Geld. Stephen Catlin hatte 1999 den Geschäftssitz der Firma nach Bermuda verlegt, um Steuern zu sparen und näher am US-Markt zu sein.

Der Konzern dürfte eine Börsenkapitalisierung von knapp 2 Mrd.Euro erreichen. Obwohl es in der Versicherungsbranche in letzter Zeit zahlreiche Übernahmen gab, kam es am Londoner Versicherungsmarkt lange zu keinen größeren Zusammenschlüssen. Wie es in der Branche heißt, sind die am Lloyd’s-Markt tätigen Unternehmen oftmals von starken Managerpersönlichkeiten gegründet und geführt worden, was eine Verschmelzung der Firmenkulturen erschwert. Jetzt könnte die Verbindung von Catlin und Wellington jedoch der Startschuss für weitere Zusammenschlüsse sein.

Die Fusion bedeutet eine erneute Stärkung des Londoner Marktes, der vor allem von Spezialdeckungen für nicht britische Risiken lebt. Die größte Kundengruppe sitzt in den USA. In der vergangenen Woche hatte Lloyd’s bereits die Übernahme von Asbest-Altlasten durch Berkshire Hathaway, das Unternehmen des bekannten US-Investors Warren Buffett, vermeldet – ein Schritt, der den Markt erheblich entlasten und wahrscheinlich zu einem verbesserten Rating führen wird. Zurzeit stuft die Ratingagentur Standard & Poor’s Lloyd’s mit „A“ ein – eine für Versicherer gerade noch befriedigende Bonitätsnote. Künftig dürfte der Markt noch heftiger mit internationalen Industrie- und Rückversicherern konkurrieren, von denen einige wie die Münchener Rück ihrerseits selbst mit Kapital bei Lloyd’s engagiert sind.

1984 vom Branchenveteranen Stephen Catlin gegründet, verkauft Catlin unter anderem maßgeschneiderte Deckungen für Schiffs- und Großanlagenrisiken. Die Gruppe hatte 2005 Bruttoprämieneinnahmen von 1,1 Mrd. Euro erwirtschaftet. Der kleinere Konkurrent Wellington wurde 1999 gegründet. Das Unternehmen erzielte im vergangenen Jahr Bruttoprämien von 800 Mio. Euro. Das letzte Geschäftsjahr schloss die Versicherung wegen der Hurrikanschäden jedoch mit einem Verlust beim Vorsteuerergebnis ab. Seitdem gilt Wellington als Übernahmekandidat.

Wellingtons starke Präsenz auf dem US-Markt ist für Catlin besonders interessant. „Das wird unser US-Geschäft erst richtig in Gang bringen“, sagte Stephen Catlin, der den fusionierten Konzern leiten wird. Catlin kündigte Einsparungen von 55 Mio. Euro jährlich an, die ab 2008 erzielt werden sollen. Analysten werten den Deal positiv. „Unserer Meinung nach steigen durch den Zusammenschluss die Wachstumsaussichten für Catlin. Wellington erhält ein breiteres Geschäft, um darüber stärker in riskante Marktsegmente vorzustoßen“, schrieb das Brokerhaus Numis Securities. Allerdings müsse es gelingen, die hinter beiden Syndikaten stehenden Investorengruppen, die das Risiko der Versicherungen letztlich mit ihrem Kapital absichern, geräuschlos zu verschmelzen, teilte Numis mit.

Zitat:

„Das wird unser US-Geschäft erst richtig in Gang bringen“ – Stephen Catlin –

Bild(er):

1986 von Stararchitekt Richard Rogers entworfen, gilt die Lloyd’s-Zentrale noch immer als bauliche Meisterleistung – Picture-alliance/dpa

www.ftd.de/catlin

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Die Branche im Überblick

Quelle: Financial Times Deutschland

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